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Für uns spielt Tesla keine Rolle
Porsche steht vor einer entscheidenden Epoche der Unternehmensgeschichte. Im Interview enthüllt Porsche-Chef Oliver Blume Details der Elektromobilitätsstrategie, gibt einen Ausblick auf neue Modelle, erklärt die Zukunft des Porsche 911 und spricht über das Verhältnis zu Audi.

Für uns spielt Tesla keine Rolle

Porsche-Chef Oliver Blume: Wir gehen bei der Positionierung eines Fahrzeugs immer unseren eigenen Weg. Für uns spielt Tesla keine Rolle, genauso wenig wie BMW. (Foto: press-inform / Porsche)

Porsche steht vor einer entscheidenden Epoche der Unternehmensgeschichte. Im Interview enthüllt Porsche-Chef Oliver Blume Details der Elektromobilitätsstrategie, gibt einen Ausblick auf neue Modelle, erklärt die Zukunft des Porsche 911 und spricht über das Verhältnis zu Audi.

Frage:

In der Strategie 2025 setzt Porsche auf den Mix ausVergangenheit und Moderne, zwischen klassischen GTs sowie Sportwagen undvollelektrischen Fahrzeugen. Wie wollen Sie diesen vermeintlichen Gegensatzbewältigen?

Oliver Blume:

Für uns ist ganz wichtig, dass wir die Kernwerte der Markein die Zukunft transportieren und mit all dem verbinden, was in Zukunfttechnologisch möglich sein wird. Deswegen haben wir die Produktstrategie soaufgebaut, dass wir zunächst auf unsere erfolgreiche Basis setzen und dortprüfen, in welchen Segmenten sich Derivate anbieten.

 

Frage:

Das heißt?

Oliver Blume:

Ein Beispiel für ein solches Derivat ist der Panamera SportTurismo. Dazu kommen die Image-Produkte, die sehr sportlichen Fahrzeuge, indenen wir die Rennsport-Gene in die Serie übertragen. Dafür stehen unsere GT-und RS-Modelle. Da haben wir auch noch einige Ideen für die Zukunft. Außerdem spieltdie Porsche Heritage eine große Rolle. Dabei werden wir Elemente, die in den60er, 70er und 80er Jahren sehr gut angekommen sind, mit modernen Autoskombinieren. Und dann natürlich die Elektromobilität mit Plug-in-Hybriden undreinen E-Mobilen - in Kombination mit einer umfassenden Digitalisierung. Sokönnen wir bei Porsche sehr flexibel die komplette Palette der Kundenwünsche erfüllen.

 

Frage:

Wie sieht denn die Umsetzung des Heritage-Konzepts konkretaus?

Oliver Blume:

Wir werden Elemente aus unserer Historie zitieren. ZumBeispiel wird sich das Aussehen der Armaturentafel an den klassischen Vorgängernorientieren. Auch die Sitzbezüge werden spezielle Muster haben und wir bietenFarben an, die in der Vergangenheit erfolgreich waren. Im nächsten Jahr werdenwir den neuen Elfer bringen und der wird einiges davon bieten.

 

Frage:

Wie wollen Sie sich bei der vielbeschworenen Digitalisierungvon den anderen Herstellern unterscheiden?

Oliver Blume:

Wir betreiben keine Digitalisierung um jeden Preis und nichtzum Selbstzweck. Wir digitalisieren nur das, wo unsere Kunden einen Nutzenhaben. Wir konzentrieren uns auf ganz spezielle Anwendungen, die wirPorsche-typisch interpretieren. Ein Beispiel ist eine Roadtrip-App mit besonderenFahrtrouten mit vielen Kurven, einem tollen Panorama, Hotels und Restaurants,die auf unsere Kunden zugeschnitten sind. Das alles wird dann multimedialaufbereitet. Beim automatisierten Fahren wird es eine Applikation geben, beider der Fahrer mit Hilfe der Fahrweise eines Rennfahrers lernt, wo dieIdeallinie ist und wo die Einlenk- und Bremspunkte sind. Wir nennen dieseAnwendung im Arbeitstitel "Mark Webber App".

 

Frage:

Also wie das Playstation-Spiel Gran Turismo, aber nur real?

Oliver Blume:

Ja, in etwa. Ein erster Schritt ist die Track Precision App,die es bei uns schon gibt. Ich bin bereits Prototypen der Mark Webber-App gefahrenund bin schwer begeistert.

 

Frage:

Lassen Sie uns über die Elektromobilität sprechen. 2022kommt der neue Macan, wird es eine rein elektrische Variante des SUVs geben?

Oliver Blume:

Der Mission E wird nicht der einzige rein elektrischePorsche bleiben. Natürlich schauen wir uns auch das SUV-Segment ganz genau an.

 

Frage:

Es wird nach dem Mission E auch ein vollelektrisches SUVgeben, das ebenfalls auf der J1-Plattform basiert. Wird das ein dynamischesCoupé, also eine Art elektrischer BMW X6 sein, um sich vom vollelektrischenMacan abzugrenzen?

Oliver Blume:

War das eine Bewerbung als Produktplaner bei Porsche? Wirkönnen gute Produktstrategen immer brauchen. (*lacht*) Sie haben schon recht,wenn wir Elektromobilität machen, dann wird die sehr sportlich sein. Aber wirgehen bei der Positionierung eines Fahrzeugs immer unseren eigenen Weg. Für unsspielt Tesla keine Rolle, genauso wenig wie BMW.

 

Frage:

Lassen Sie uns noch kurz bei der Elektromobilität bleiben. Istbeim nächsten Porsche 911 einen Plug-in-Hybride geplant?

Oliver Blume:

Beim 911er wird in Zukunft für jeden Kunden etwas gebotensowohl Turbomotoren als auch frei drehende Saugmotoren. Die Plattform dernächsten Generation des 911ers ist so ausgelegt, dass sie einPlug-in-Hybridmodul aufnehmen kann. Wir werden das aber nicht zum Start machen.Wir wollen die nächste Batteriegeneration abwarten, um eine entsprechendePerformance zu erreichen. Wenn eine elektrifizierte Version des 911ers kommt,muss sie extrem sportlich sein.

 

Frage:

Wie lange wird es noch reinrassige hochdrehendeSechszylinder-Saugmotoren in einem Porsche 911 geben?

Oliver Blume:

Wenn es nach mir geht, noch sehr lange. Wir werden dieseMotoren auch in Zukunft bringen. Ich bin der festen Meinung, dass es noch vieleJahre Verbrennungsmotoren geben wird und wir bei Porsche werden diese immerweiterentwickeln. Da werden wir mit dem neuen 911er die Messlatte wieder einStück höher setzen.

 

Frage:

Wann sehen wir den ersten vollelektrischen Porsche 911?

Oliver Blume:

Wir haben im Moment keine Notwendigkeit den 911er zuelektrifizieren. Wir konzentrieren uns momentan bei der komplettenElektrifizierung auf Fahrzeuge, die dafür von Haus vorgesehen sind und haltennichts davon, Voll-Elektrifizierung in bestehende Fahrzeuge zu integrieren.

 

Frage:

Sie entwickeln zusammen mit Audi eine weitere Plattform, die"Premium Platform Electric", kurz PPE, auf der zwei Audi- und einePorsche-Baureihe geplant sind. Wie stellt Porsche sicher, dass die Kernwerteder Marke, wie zum Beispiel Dynamik, gewährleistet sind?

Oliver Blume:

Uns ist wichtig, dass die Markenpositionierung zwischen Audiund Porsche klar ist. Deswegen haben wir ganz klar definiert, wie sich dieProdukte voneinander unterscheiden werden. Differenzierungen wird esbeispielsweise bei Leistungsdaten, Fahrdynamik und Beschleunigung geben.

 

Frage:

Das heißt?

Oliver Blume:

Es gibt bei der Elektromobilität so viele Möglichkeiten,Fahrzeuge spezifisch aufzusetzen. Ein Beispiel ist die Fahrwerksabstimmung, diemacht natürlich jeder zugeschnitten auf seine Produkte.

 

Frage:

Das klingt alles ganz spannend und harmonisch. Aber bei Audiund Porsche gibt es ja auch die eine oder andere Unstimmigkeit. Die Ingenieurein Weissach und Ingolstadt sind sich nicht immer ganz grün und dann sollPorsche im Zuge des Abgasskandals 200 Millionen Euro von Audi gefordert haben.Wie passt das zusammen?

Oliver Blume:

Ich bin das beste Beispiel für so eine Kooperation. Ich habeüber zehn Jahre bei Audi gearbeitet, kenne die Kultur dort ganz genau und habeein gutes Verhältnis zum Vorstand und vielen anderen Kollegen. Also haben wiruns gemeinsam an einen Tisch gesetzt und diskutiert, wie wir das Beste für denVolkswagen Konzern erreichen können. Es ist bei so einer Zusammenarbeit ganzwichtig, dass wir an der Spitze einen Schulterschluss haben.

 

Frage:

Und? Klappt es?

Oliver Blume:

Ja, wenn wir den Fortschritt des Projektes besprechen, seheich, wie sich die Entwickler zusammengerauft haben. Ich sage ganz bewusst"gerauft" und ich halte das auch für wichtig, dass man technisch um Lösungen kämpft,um das Optimum herauszuholen. Wichtig ist, dass die Mannschaft in eine Richtungarbeitet, sobald man eine Entscheidung getroffen hat. An diesem Punkt sind wirgerade. Aus meiner Sicht also sehr positiv.

 

Frage:

Wie schaut es mit den finanziellen Forderungen aus?

Oliver Blume:

Da sind Zahlen durch die Presse gegeistert - die will ichgar nicht weiter kommentieren. Entscheidend ist auch hier, dass man miteinanderspricht und eine Lösung findet.

 

Frage:

Also plädieren Sie für eine fruchtbare Streitkultur?

Oliver Blume:

Ja, absolut. Es ist wichtig, dass man unterschiedlicheMeinungen ausspricht und ausdiskutiert. Wenn man eine Lösung gefunden hat,sollen alle das gemeinsam durchziehen. Das halte ich übrigens auch bei Porscheso, denn nur so erzielt man Fortschritte. Wenn Sie nur im Konsens arbeiten,werden Sie nicht besser.

 

Frage:

Wie will sich Porsche beim autonomen Fahren definieren?

Oliver Blume:

Autonomes Fahren und Porsche sind für mich überhaupt keinWiderspruch. Im Stau oder beim Parken sehen wir das als sinnvolle Ergänzung.Für uns sind die autonomen Fahrfunktionen Komfortthemen, die der Kunde nutzenkann, aber nicht muss. Das bedeutet, dass der Porsche-Fahrer in Zukunft immerdie Wahl hat, welchen Fahrmodus er wählt. Wir haben aber auch Ideen, wie sichdas autonome Fahren Porsche-typisch interpretieren lässt - etwa als virtuellerInstrukteur auf der Rennstrecke. Stichwort: Mark-Webber-App. Die wesentlicheMotivation bei Porsche wird es aber auch zukünftig sein, das Fahrzeug selbst zufahren.

 

Frage:

Wie sehr bringen Sie sich in die Entwicklung neuer Fahrzeugeein?

Oliver Blume:

Sehr! Das Produkt hat bei mir höchste Priorität. Ich bin beijeder Designentscheidung dabei, ich gehe zudem in Konzeptthemen rein oder kümmeremich auch um Produktanläufe. Ich halte es für extrem wichtig, dass sich derChef einer Automarke im Detail mit den Produkten befasst.

Autor: Wolfgang Gomoll, München  Stand: 13.12.2017
Fotos:   

Vom nächsten Porsche Macan wird es vermutlich eine vollelektrische Variante geben (Foto: press-inform / Porsche)
Der Porsche Mission E steht auf einer eigenständigen Plattform (Foto: press-inform)
Porsche-Chef Oliver Blume mit dem Porsche 911R: Beim 911er wird in Zukunft für jeden Kunden etwas geboten sowohl Turbomotoren als auch frei drehende Saugmotoren. (Foto: press-inform / Porsche)
(Foto: Hersteller)
(Foto: press-inform / Porsche)
(Foto: press-inform / Porsche)

Autor: Wolfgang Gomoll, München  Stand: 13.12.2017
Fotos: press-inform / Porsche  

(Foto: Porsche)
(Foto: press-inform / Porsche)
(Foto: press-inform / Porsche)