Ruhe ist bei Audi noch lange nicht eingekehrt. Vorstandschef Rupert Stadler steht weiter unter Druck und Verkaufshöfe der Händler stehen aktuell noch voll. Und trotzdem könnte das Jahr 2018 die Ingolstädter auf die Erfolgsspur zurückführen.
Zurück an die Front
Ruhe ist bei Audi noch lange nicht eingekehrt. Vorstandschef Rupert Stadler steht weiter unter Druck und Verkaufshöfe der Händler stehen aktuell noch voll. Und trotzdem könnte das Jahr 2018 die Ingolstädter auf die Erfolgsspur zurückführen.
Wer meint, dass die Probleme von Audi erst mit dem Dieselskandal vor zweieinhalb Jahren begonnen hätten, verkennt die Vergangenheit. Nachdem Audi lange Jahre zum Seriensieger avancierte und den beiden etablierten Premiummarken Mercedes und BMW nicht nur in China mächtig die Suppe versalzte, kam bereits 2012 jede Menge Unruhe zu den erfolgsverwöhnten vier Ringen. Nach schlappen Jahren mussten auf einen Schlag Entwicklungsvorstand Michael Dick, Chefeinkäufer Ulf Berkenhagen und Vertriebschef Peter Schwarzenbauer ihre Posten räumen. Die hohen - gerade auch aus Wolfsburg in sie gesetzten Erwartungen - konnten alle drei nicht erfüllen. Doch die Nachfolgegeneration machte es kaum besser. Insbesondere der folgende Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer, mit großem technischen Verständnis und Rückenwind durch die Leitung der Edelableger Bentley und Bugatti nach Ingolstadt gereist, wurde nach weniger als einem Jahr wieder ausgetauscht. Luca de Meo, erst kurz zuvor aus dem Fiat-Konzern in den wohlig warmen Volkswagen Schoß gewechselt, schaffte es ebenfalls nicht Audi weiter nach vorne zu bringen.
BMW unter Druck
Allzweckwaffe Ulrich Hackenberg sollte es - mit höchsten Weihen eiligst aus Wolfsburg gesandt - fortan richten und viel mehr als dort nur ein Entwicklungsvorstand sein. Hackenberg saß fortan alles andere als im Schatten von Audi-Markenchef Rupert Stadler und trug für alle sichtbar nicht nur die Kapitänsbinde am Arm, sondern auch noch die Bezeichnung Libero auf dem Trikot. Doch den technikverliebten Audianern fielen bei aller technischer Finesse Probleme im internationalen Vertrieb und ein Design auf die Füße, das sich zwar sehen lassen konnte, die Fahrzeuge jedoch genau wie ihre Vorgänger aussehen ließ. Die Modelle waren wertiger denn je und werden noch heute von der Konkurrenz aus dem In- und Ausland für Produktionsanalysen als Aushängeschilder genutzt. Doch langsam sprach sich die Ingolstädter Langeweile auch zu den trägen Kunden herum. Der angestrengt vorgetragene Slogan "Vorsprung durch Technik" wurde zur Lachnummer, denn wirkliche Innovationen bot allenfalls die Konkurrenz.
Doch wie immer in der Premiumliga verläuft das Leben in einer seichten Wellenbewegung. Lange Jahre surfte BMW mit seinen X-Modellen, sowie dem Slogan "efficient dynamics" auf der Erfolgswelle und stand mit seinen 2013 / 2014 früh vorgestellten i-Modellen als Innovationsmarke da. Doch die Bayern legten nicht nach, bekannten sich nur schamhaft zum renditestarken Luxustrend und setzten den Fokus auf kleine Baureihen. Mercedes sagte "Danke!" und zog im Jahr des 100. BMW-Firmenjubiläums an den Münchnern vorbei. Mittlerweile wird der Sternenabstand immer größer und es stellt sich die Frage, ob Audi die Chance hat, den Zweikampf in den nächsten drei Jahren wieder ernsthaft zu einem Dreikampf um die Premiumkrone zu machen.
Design und Technik laufen wieder - langsam
So lange Audi-Vorstandschef Rupert Stadler auf seinem Posten sitzt, wird der Neustart zumindest nach außen hin kaum gelingen. Der ehemalige Finanzer wäre wohl schon längst ausgetauscht worden, hätte der Volkswagen Konzern einen idealen Nachfolger zur Hand. Immer wieder werden die gleichen Namen genannt. Der ehemalige Opel-Chef Klaus-Thomas Neumann, allemal mit Erfahrungen im Konzern, scheint dabei aus dem Rennen zu sein. Immer wieder kochen Gerüchte hoch, dass BMW Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich auf den Posten von Rupert Stadler wechselt. Andere meinen, dass Volkswagen Markenchef Herbert Diess sich noch in 2018 das Audi-Trikot überstreift. Dagegen spricht, dass er in Wolfsburg besser zurechtkommt und nennenswerte Erfolge bei der Kostenreduktion vorweisen kann, die für VW elementar sind.
Doch wer immer die Nachfolge von Rupert Stadler auch antritt, er muss seine Topriege schneller denn je wieder zu Entscheidern und Machern werden lassen, denn seit mehr als zwei Jahren herrscht in Ingolstadt und Neckarsulm beinahe Stillstand. Viele Entscheidungen wurden vertagt, nicht getroffen oder einfach ausgesessen. Audi Entwicklungs-Chef Peter Mertens, zuvor bei Volvo, GM und Jaguar Land Rover, versucht den einstigen Technikimpuls der Ingolstädter wieder zu beleben.
Immerhin hat man beim Design wieder in die Erfolgsspur zurückgefunden. Marc Lichte gibt den einst langweiligen Audi-Modellen seit dem Marktstart des neuen A8 im Herbst 2017 wieder ein schickes Gesicht. Hätte das Aushängeschild der Ingolstädter aufgrund des gigantischen Rückstandes zu Mercedes S-Klasse und BMW 7er noch mutiger sein müssen, sieht es bei Audi A7 und besonders dem neuen Audi A6 vielversprechend aus. Beide werden der Konkurrenz nicht nur im Inland viel Kopfzerbrechen bereiten. Gerade der neue Audi A6, zunächst als Limousine in diesem Frühjahr enthüllt, könnte Audi eine Wechselstimmung bringen. Davon dürfte nicht nur der A6 Avant profitieren, der Ende des Jahres folgt, sondern insbesondere der erste elektrische Marken-SUV. Denn Audi lässt seinen e-tron Quattro ab Herbst zu Zeiten auf die Kunden los, in denen allein der Jaguar i-Pace eine echte Alternative ist. Weder Mercedes noch BMW können mit ihren Submarken EQ und i zeitgleich einen elektrischen Crossover anbieten, der konkurrenzfähig wäre. Rückkehr zu Vorsprung durch Technik?