Die Fertigung des Elektromobils Mission E stellt Porsche auf den Kopf. Im Interview erklärt Produktionsvorstand Albrecht Reimold, welche Hürden bei der Produktion der Elektrofahrzeuge zu überwinden sind, was sich in Zukunft verändern wird und gewährt Einblicke in die Elektromobilitätsstrategie des Zuffenhausener Autobauers.
Wir werden mehr Mission E bauen, als geplant
Die Fertigung des Elektromobils Mission E stellt Porsche auf den Kopf. Im Interview erklärt Produktionsvorstand Albrecht Reimold, welche Hürden bei der Produktion der Elektrofahrzeuge zu überwinden sind, was sich in Zukunft verändern wird und gewährt Einblicke in die Elektromobilitätsstrategie des Zuffenhausener Autobauers.
Sie wollen bei der Fertigung des Mission E auf eine Flexi-Line setzen, bei der autonome Transportsysteme ein variables Taktsystem einhalten können. Die Kostenersparnis gegenüber der herkömmlichen Produktion soll rund 40 Prozent betragen. Wo können Sie noch an der Kostenschraube drehen?
Der Kostendruck ist hoch, das brauche ich nicht verhehlen. Eine Planung auf der grünen Wiese wäre wesentlich günstiger gewesen. Allein die Räumung der bestehenden Baufelder kostete mehr als 50 Millionen Euro. Die Entscheidung für Zuffenhausen war genau richtig. An der Kostenschraube drehen wir, indem wir mit einer geradezu chirurgischen Präzision die Baustellen steuern und sozusagen nebenher mit maximaler Produktionsauslastung unsere zweitürigen Sportwagen fertigen. Zudem sind wir zeitlich schlank unterwegs: Vom Start der Konzeptphase bis zum "Start of Production" des Mission E in 2019 werden nur 48 Monate liegen.
Der Fertigung des Mission E kommt ja auch eine Pilotrolle zu: Welche Punkte sind da besonders wichtig?
Zunächst einmal steht bei Porsche immer der Mensch im Mittelpunkt. Das wird sich bei der Sportwagen-Produktion der Zukunft nicht ändern. Gerade im Bereich der Fertigung gibt es aktuell viele Show-Anlagen, zum Beispiel einen automatisierten Heckklappeneinbau. Die Technik ist aber heute noch nicht so weit, dass sie so feinfühlig ist wie der Mensch. Und so ist letztlich keinem geholfen, wenn wir bei den Werkern Geld einsparen und dieses anschließend im Instandhaltungsbereich für Programmierer ausgeben. Das muss in Summe funktionieren. Die Porsche Produktion 4.0 ist ein Leitfaden zur effizienten Weiterentwicklung unseres bestehenden Produktionssystems. Keine Revolution, sondern eine Evolution.
Gibt es da konkrete Beispiele?
Ja, wir setzen zum Beispiel bei der Produktion des Mission E auf eine sogenannte Flexi-Line, bei der wir fahrerlose Transportsysteme einsetzen, die die Fertigungsstationen durchlaufen.So können wir flexibel agieren, den Takt anpassen, eine starre Produktionsstraße im traditionellen Sinne gibt es dann nicht mehr. Letztendlich wird die Produktion des Mission E auch die Fertigungsweise der klassischen Porsche-Fahrzeuge maßgeblich beeinflussen.
In den nächsten sieben Jahren sind drei Elektromobil-Wellen geplant. Die erste basiert auf dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten, die zweite auf der Premium Plattform Electric, die Sie gemeinsam mit Audi entwickeln, und die dritte mit der SPE-Architektur für Sportwagen. Wie werden Sie diese Produktionsanläufe stemmen?
Der erste rein elektrisch betriebene Porsche, der Mission E, kommt 2019 auf den Markt. Dieser Aufgabe gilt unsere ganze Aufmerksamkeit. Immerhin bauen wir dafür zur Zeit unser ganzes Stammwerk um. Mit der PPE-Architektur planen wir weitere E-Fahrzeuge. Gemeinsam mit Audi nehmen wir so die Verantwortung für die Fahrzeugarchitektur der Zukunft wahr. Und was die angesprochene SPE-Architektur angeht - wir haben viele Ideen, wie wir bestehende Segmente elektrifizieren können. Wir werden aber auch neue Segmente beschreiten. Das kann aber noch eine Weile dauern. Da ist noch nichts entschieden.
Wie wird sich die Produktion im Zuge dieser Umwälzung ändern, vor allem im Vergleich zur traditionellen Herstellungsweise?
Porsche bleibt Porsche. Das heißt, unsere Fahrzeuge werden weiterhin von Menschen für Menschen gebaut. Daran ändert sich auch mit unserem E-Modell nichts. Produktionsseitig ergeben sich natürlich diverse Veränderungen. Aber nicht, weil es die neue Fahrzeugarchitektur erfordert, sondern weil wir als Sportwagenhersteller mit dem Mission E in die Automobilfertigung der Zukunft steuern möchten. Konkret bedeutet das, dass wir aufgrund der etwas geringeren Komplexität des Elektro-Antriebsstrangs beispielsweise an der einen oder anderen Stelle etwas weniger Mitarbeiter benötigen. Dafür schaffen wir an anderen Stellen hochwertigere Arbeitsplätze. Im vergangenen Jahr haben wir etwa ein Programm gestartet, das einen Teil unserer Kolleginnen und Kollegen fit für die Aufgaben als Anlagenplaner machen soll.
Sie fertigen heute im kompletten Modellmix, warum erhält der Mission E also eine eigene Montage?
In der Sportwagen-Produktion in Zuffenhausen laufen mittlerweile täglich 250 Fahrzeuge vom Band. Eine weitere Erhöhung der Stückzahlen ist unmöglich. Das heißt, wir haben schlichtweg keine Kapazitäten, um den Mission E gemeinsam mit den 911-und 718-Modellen auf der gleichen Linie zu produzieren. Für uns steht aber fest: Sollten wir ein Elektrofahrzeug für unser Werk in Leipzig entscheiden,dann integrieren wir es in die bestehende Linie. Wir halten das für den besten Weg: Porsche fertigt bis auf sehr wenige Ausnahmen nur Fahrzeuge nach hochindividuellem Kundenwunsch. Das klingt nach Manufaktur, wird bei uns aber heute und in Zukunft mit einer enorm hohen Varianz entlang der Produktionslinie umgesetzt.
Was ist die größte Herausforderung bei dieser Umstellung der Produktion?
Entscheidend ist,dass wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das neue Zeitalter mitnehmen. Daher liegt ein ganz wichtiges Augenmerk auf der Qualifizierung und Weiterbildung für die Technologien der Zukunft. Aus Unternehmenssicht haben wir die Herausforderung, dass wir womöglich noch für eine lange Zeit mehrgleisig unterwegs sein werden. Die Elektromobilität wird in den verschiedenen Weltregionen unterschiedlich schnell und stark angenommen werden. Als Hersteller müssen wir darauf mit Bedacht und zugleich mit Voraussicht reagieren. Das heißt, Flexibilität wird künftig ein noch entscheidenderer Wettbewerbsfaktor sein.
Sie planen ja die "Zero Impact Factory", also eine Produktion, die ohne schädliche Emissionen auskommt. Werden diese Autos aufgrund des Invests dann teurer?
Nein, aber Nachhaltigkeit wird künftig sicherlich ein noch wichtigeres Kaufkriterium für unsere Kunden werden. Seit Januar 2017 nutzt Porsche an allen Standorten regenerativen Naturstrom und seit Anfang dieses Jahres wickeln wir zusätzlich sämtliche Bahntransporte unserer fertig produzierten Fahrzeuge klimaneutral mit Ökostrom ab. Das vermeidet pro Jahr mehr als 6.000 Tonnen klimaschädlichen Kohlenstoffdioxid. Darüber hinaus werden wir ab 2020 in Zuffenhausen die Wärmeversorgung auf Biogas umstellen und so pro Jahr nochmals bis zu 5.000 Tonnen CO2 vermeiden. Unser Ziel ist es, den Mission E künftig CO2-neutral zuproduzieren.
Finanzvorstand Lutz Meschke will mit den E-Modellen eine Marge von mindestens 15 Prozent erreichen. Wie setzen Sie das um?
Eine Umsatzrendite von 15 Prozent war schon in der Vergangenheit unser strategisches Ziel. Daran halten wir auch in Zukunft fest. Dazu müssen natürlich alle im Unternehmen ihren Beitrag leisten. Wir als Produktion machen dies, indem wir eine eigene Soll-Zahl definiert haben: Diese lautet sechs Prozent Effizienzsteigerungen pro Jahr. Sie werden überrascht sein, wo man überall Potential findet, wenn man sich die Prozesse ganz genau ansieht. Das fängt schon bei den Laufwegen und der Verbau-Reihenfolge in der Montage an.
Ursprünglich war eine Produktion von 20.000 Einheiten des Mission E geplant, bleibt es bei diesem Ziel?
Die Gewerke sind zunächst einmal so ausgelegt, um jährlich rund 20.000 Einheiten zu produzieren. Aufgrund der anhaltend positiven Rückmeldungen aus den Märkten werden es aber wohl mehr werden.
Liege ich mit 30.000 bis 40.000 Einheiten pro Jahr so falsch?
Die Schätzung ist sehr optimistisch, aber gar nicht schlecht.
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Fotos: press-inform / Porsche