Die Zahl der Klassiker aus dem Hause Mercedes ist ungezählt. Zumeist sind es Sportwagen, Coupés oder große Limousinen, die sich in der Automobilhistorie ihren festen Platz sicherten. Die kleine Heckflosse der Baureihe W 110 steht zumeist allenfalls in der zweiten Reihe; dabei ist ihr Design auch heute noch spektakulär.
Auf Amerikas Spuren
Die Zahl der Klassiker aus dem Hause Mercedes ist ungezählt. Zumeist sind es Sportwagen, Coupés oder große Limousinen, die sich in der Automobilhistorie ihren festen Platz sicherten. Die kleine Heckflosse der Baureihe W 110 steht zumeist allenfalls in der zweiten Reihe; dabei ist ihr Design auch heute noch spektakulär.
Allerdings erst auf den zweiten Blick, denn mehr als jedes andere Auto aus deutschen Landen orientierte sich die Sternen-Baureihe W 110 mit ihren ausladenden Formen an Vorbildern amerikanischer Straßenkreuzer. Die Heckansicht verlieh dem Oberklassemodell ihren einzigartigen Namen: Heckflosse. Dabei sind die beiden Schweife oberhalb der Kofferraumkanten eher Heckflösschen denn ernsthafte Flossen, wie man diese von automobilen Designskulpturen wie einem Chevrolet Bel Air oder einem Plymouth Belvedere kennt. Kein Wunder, dass die Daimler‘sche Heckflosse in den amerikanischen 60er Jahren, als der dortigen Automobilbau in seiner Designopulenz kaum irdische Grenzen kannte, nicht weiter auffiel. In Europa machte sich der W 110 in erster Linie als Taxi einen Namen. Die Versionen 190 D und 200 D waren echte Wanderdünen und mit den gerade einmal 40 kW / 55 PS konnte man Mitte des Jahrzehnts nicht einmal einem VW Käfer ernsthaft davonfahren. Die Taxifahrer landauf und landab liebten ihre kleine Heckflosse jedoch wegen des üppigen Platzangebots und der unerschütterlichen Langlebigkeit. Aus den Köpfen mit elfenbeinweißem Gedankengut ist die Heckflosse mittlerweile weitgehend verschwunden; zu mächtig war das Ansehen des Dauerläufers Strich-Acht, der 1968 kaum dynamischer das Ruder bei den Taxlern übernahm.
Flotte 120 PS und ein Hauch Straßenkreuzer
Doch der Nachfolger des barocken Ponton-Mercedes machte sich nicht nur wegen seines Designs, sondern insbesondere wegen seiner Sicherheitsausstattung einen Namen. So war der W 110er eines der ersten Fahrzeuge mit einer verstärkten Fahrgastzelle und entsprechenden Knautschbereichen. Das gute Platzangebot stammt nicht zuletzt von der engen Verwandtschaft zu den größeren Schwestermodellen der Baureihe W 111 / W 112, die bereits seit Ende der 50er Jahre angeboten wurden. Nicht als ebenso sparsamer wie unverwüstlicher Diesel, sondern in seiner 230er-Topversion machte sich die 4,73 Meter lange Limousine einige tausend Kilometer weiter westlich auch einen Namen in den USA. Der Mercedes 230 wird im Gegensatz zu den meist dieselbetriebenen Vierzylindern europäischer Auslieferung von einem Reihensechszylinder des Typs M180 angetrieben, der in seiner neueren Ausbaustufe 88 kW / 120 PS leistet und den 1,4 Tonnen schweren Viertürer auf Wunsch immerhin bis zu 175 km/h schnell macht. Seinerzeit kostete der Vorzeige-Mercedes in den USA rund 4.500 Dollar - deutlich mehr als die meisten seiner amerikanischen Vorbilder. Das kann man von Zylinderzahl, Hubraum und Leistung nicht sagen - im Gegenteil. Trotzdem zieht sich der Klassiker mit seinen 178 Nm maximalem Drehmoment auch heute noch munter steile Anstiege hinauf. Angenehm zurückhaltend zeigt sich Minnie Finnie - so der amerikanische Spitzname - an der Zapfsäule. Mit kaum mehr als zehn Litern lässt sich der einstige Schwabenpfeil auf 100 Kilometern fahren.
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- Veröffentlicht: 27. Dezember 2018