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Das ist ein kleines Desaster
Albert Biermann ist seit einigen Wochen Technikchef des Hyundai-Gesamtkonzerns. Im Interview verrät er, auf welches Antriebskonzept der koreanische Autobauer in Zukunft setzt und was ihm beim Weg zum autonomen Fahren am meisten Kopfzerbrechen bereitet.

Das ist ein kleines Desaster

Ich bin ja in erster Linie noch Fahrer und kein Beifahrer. Deswegen ist meine Philosophie, dass ein Auto Spaß machen muss, egal, ob es autonom fährt oder ich selbst am Steuer sitze. (Foto: Hersteller)

Albert Biermann ist seit einigen Wochen Technikchef des Hyundai-Gesamtkonzerns. Im Interview verrät er, auf welches Antriebskonzept der koreanische Autobauer in Zukunft setzt und was ihm beim Weg zum autonomen Fahren am meisten Kopfzerbrechen bereitet.

Frage: Wie realistisch ist das Level 5 beim autonomen Fahren?

Albert Biermann:Es wird sicher Gegenden geben, in denen autonomes Fahren Level 5 möglich sein wird. Aber das sind eben begrenzte Bereiche. Ich denke das ganze Thema autonomes Fahren wird sehr inhomogen sein und zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Regionen stattfinden, da auch die Gesetzgebung in den wichtigsten Regionen Europa, Asien und den USA sehr diffus ist.

 

Frage:Was bedeutet dieses Szenario für die Automobilhersteller?

Biermann:Die ganze Entwicklung geht ja in Richtung Metropolen, die dann auch ihre eigene Gesetzgebung installieren und Freiräume geben können. Das wird die Zukunft sehr stark bestimmen, da es für die Gebiete dann spezielle Autos geben wird, die den jeweiligen Vorgaben entsprechen. Natürlich wird darunter auch Level 5 sein. Die Vielfalt der verschiedenen Applikationen wird weiter zunehmen und das macht es für die Automobilhersteller schwierig. Das ist zwar ein kleines Desaster, aber ich sehe einfach keine Standardisierung.

 

Frage: Wie sehen Sie da den Hyundai-Kia-Konzern aufgestellt?

Biermann: Wir beanspruchen keine Führerschaft, sei es bei den Fahrerassistenzsystemen oder beim autonomen Fahren. Das erwarten unsere Kunden auch gar nicht von uns. Es gibt keinen Grund, etwas zu überstürzen. Wir wollen auf der sicheren Seite sein. Ich mache den aktuellen Ankündigungswettbewerb nicht mit. Für mich ist nur entscheidend, wann autonomes Fahren für den normalen Kunden für einen annehmbaren Preis zu realisieren ist. Das Problem ist eben auch die eben erwähnte Inhomogenität, die sowohl Autos als auch die Infrastruktur betreffen wird.

 

Frage: Bereiten Ihnen die ganzen neuen Konkurrenten, wie Byton, Nio oder Faraday schlaflose Nächte?

Biermann: Es sind neue Spieler, die das Spiel unterschiedlich angehen. Aber das ist die Herausforderung für alle etablierten Automobilhersteller. Ich finde Wettbewerb gut. Das entspricht ja auch der Hyundai-Unternehmenskultur.

 

Frage: Was ist die nächste große Entwicklung beimAuto?

Biermann: Ich erwarte nichts wirklich Spektakuläres. Manche Sachen kann man heute schon realisieren, da muss man nicht auf ein Elektroauto warten. Viele glauben, dass sich mit dem Elektroauto das Auto als solches ganz grundlegend verändern wird. Aber man muss nicht jedes neue Detail zwingend mit einem Fahrzeugkonzept vereinbaren. Jeder macht eine riesen Sache aus den flachen Böden bei den Elektroautos. Wenn man das gewollt hätte, hätte man das schon längst mit dem Vorderradantrieb einführen können.

 

Frage: Wie kann man sich beim autonomen Fahren noch von anderen Herstellern absetzen?

Biermann: Ich bin ja in erster Linie noch Fahrer und kein Beifahrer. Deswegen ist meine Philosophie, dass ein Auto Spaß machen muss, egal, ob es autonom fährt oder ich selbst am Steuer sitze. Bei Hyundai haben wir viele talentierte Ingenieure und ich fordere sie immer wieder heraus, diesenAspekt in die Entwicklung einfließen zu lassen.

 

Frage: Im letzten Jahr lief es für Hyundai bei den Verkäufen nicht gerade gut. Wie ist ihr Ausblick für dieses Jahr?

Biermann: Heutzutage ist fast unmöglich, den Absatz vorherzusagen. Niemand weiß, was passieren wird. Gibt es noch mehr Krisen oder Handelskriege. Wir hatten Probleme in den USA und in China. Die in den USA haben wir gelöst und sind wieder auf einem guten Weg, aber der chinesische Markt ist nach wie vor eine Herausforderung. Jeder spricht von Volumen, wir wollen die richtigen Autos für unsere Kunden haben und damit Geld verdienen. Natürlich sind wir bei der Profitabilität noch nicht da, wo wir sein wollen. Die ist für mich viel wichtiger als die Verkaufszahlen.

 

Frage: Was wird das Treibstoff der Zukunft sein?Strom oder Wasserstoff?

Biermann: Da gibt es kein Schwarz und Weiß. Es werden viele Treibstoffsorten nebeneinander existieren, dabei kommt es auf die lokalen Regularien an. Die Vielfalt der Treibstoffarten wird sogar noch zunehmen. Mein Favorit ist und bleibt der Wasserstoff. Im Flottengeschäft, sei es bei Bussen oder schwerenNutzfahrzeugen, schlägt ein Brennstoffzellenfahrzeug jedes EV. Jeder träumt von der Superbatterie und fast keinen Ladezeiten. Das wird vielleicht auch kommen. Aber dann bleibt immer noch das Problem des passenden Stromnetzes. Beim Wasserstoff ist alles bereits vorhanden, man muss es nur noch umsetzen. Im Transportgeschäft hat man keine Zeit, um 40 Minuten zu warten, bis eine Batterie voll ist. Und wenn die Flotten sich umstellen, die Kosten sinken, dann werden auch die Pkws folgen.

 

Frage: Aber die Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen kostet ja auch Geld?

Biermann: Wenn man das als ein Verbund von Pipelines sieht, mag das stimmen. Wenn man den Wasserstoff aber so transportiert, wie man das heute mit Benzin praktiziert, dann ist man von der Infrastruktur unabhängig.

 

Frage: Also sehen Sie ein Nebeneinander von Elektromobilität und Wasserstoff?

Biermann: Aber selbstverständlich!

 

Autor: Wolfgang Gomoll, Las Vegas  Stand: 09.01.2019
Fotos:   

Albert Biermann hat den Hyundai i30 Fastback N entscheidend mitentwickelt (Foto: Hersteller)
Albert Biermann ist ein Fan der Brennstoffzellentechnik (Foto: GCOTY)
Ich mache den aktuellen Ankündigungswettbewerb nicht mit. Für mich ist nur entscheidend, wann autonomes Fahren für den normalen Kunden für einen annehmbaren Preis zu realisieren ist (Foto: press-inform / Kia)
(Foto: press-inform / Kia)
(Foto: press-inform / Kia)
(Foto: press-inform / Hyundai)

Autor: Wolfgang Gomoll, Las Vegas  Stand: 09.01.2019
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(Foto: Kia)
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(Foto: Kia / Hyundai)
(Foto: press-inform / Kia)
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