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Goodbye Käfer
Nach 74 Jahren im aktiven Dienst verlässt der Dauerläufer VW Käfer die automobile Welt. Durch seine militärischen Wurzeln und seine Bedeutung zur Demokratisierung des Individualverkehrs wurde der Käfer weltweit zu einem Kultauto. Im Juli wird die Produktionslinie in Puebla / Mexiko stillgelegt, sodass viele Käferliebhaber beten, dass das Auto in Zukunft zu einem Elektrofahrzeug wird.

Goodbye Käfer

VW Käfer (Foto: Volkswagen)

Nach 74 Jahren im aktiven Dienst verlässt der Dauerläufer VW Käfer die automobile Welt. Durch seine militärischen Wurzeln und seine Bedeutung zur Demokratisierung des Individualverkehrs wurde der Käfer weltweit zu einem Kultauto. Im Juli wird die Produktionslinie in Puebla / Mexiko stillgelegt, sodass viele Käferliebhaber beten, dass das Auto in Zukunft zu einem Elektrofahrzeug wird.

Im Jahre 2003, als die ursprüngliche Käferproduktion im mexikanischen Werk Puebla fertiggestellt wurde, intonierte eine Mariachi-Band eine feierliche Melodie, um das Löschen der Lichter am letzten Fließband markieren, wo zuvor 21 Millionen Fahrzeuge produziert wurden. Die Geschichte des Käfers begann im Jahre 1945 und seine Geburtsstätte Deutschland blieb mit mehr als 6,1 Millionen Zulassungen weltweit größter Markt; gefolgt von den USA und Brasilien mit fünf bzw. drei Millionen krabbelnden Vochos, wie der Käfer speziell in Mexiko genannt wird. Obwohl sich der VW Käfer im Laufe der Jahre seine ikonischen Formen bewahrte, war er immer in der Lage, sensibel auf soziale und technische Entwicklungen zu reagieren. Mit nur geringfügigen Änderungen im Design hat er sich innen und außen immer wieder dem aktuellen Zeitgeist und den Errungenschaften modernster Technik angepasst - mehr oder weniger.

1935 ging es los

Das ursprüngliche Modell entstand aus dem Ehrgeiz von Adolf Hitler und dem Talent von Ferdinand Porsche, der in den frühen 1930er Jahren den Grundstein für das Projekt legte. Bereits 1932 hatte Porsche die Linien des NSU Typ 32 nachverfolgt, der, auch wenn er nicht in Serie ging, bereits die Designgene und -techniken des zukünftigen Käfers enthielt. Am 17. Januar 1934 schrieb Ferdinand Porsche seinen "Bericht über den Bau eines Autos für das deutsche Volk". Seiner Ansicht nach sollte der Volkswagen "ein funktionales und zuverlässiges Automobil sein, obwohl mit einer relativ leichten Konstruktion, Platz für vier Personen bieten, Geschwindigkeiten von bis zu 100 km/h mit luftgekühltem Boxermotor erreichen und Steigungen mit 30 Prozent Steigung überwinden können."


Die ersten Prototypen entstanden im Jahre 1935 mit den Versuchsfahrzeugen V1, V2 und V3, von denen letzterer fast serienreif von der Firma DAF hergestellt werden konnte. Der KdF-Wagen - Kraft durch Freude - war geboren und wurde schnell von den modernen Bezeichnungen Volkswagen und Käfer überfahren. Das Auto bot bereits zum Start einige technische Neuigkeiten: Das Fahrwerk hatte unabhängige Aufhängungs- / Torsionsstangen und obwohl es noch keine hydraulischen Bremsen gab, waren die Motorgummipuffer für die damalige Zeit ein beachtlicher Fortschritt. Vor der Aufnahme der Fertigung besuchte Ferdinand Porsche amerikanische Fabriken, um erfahrene deutsche Auswanderungsingenieure zu rekrutieren. Am 26. Mai 1938 legte Hitler den Grundstein für den Bau des neuen KdF-Werks, das nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Wolfsburg umbenannt werden sollte.

Deutsches Wirtschaftswunder

Nach zahlreichen Versuchen wurde ein Vierzylinder-Boxermotor (985 ccm und 22,5 PS) mit Luftkühlung verwendet, der bis zum Ende der Lebensdauer des Modells im Jahr 2003 die Antriebsbasis blieb. Wenige Jahre später wurde der Hubraum auf 1.192 ccm erhöht und die Köpfe der Zylinder bearbeitet, um eine Leistungssteigerung auf 34 PS zu erreichen. Trotzdem dauerte die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h endlose 35 Sekunden. Der Hubraum des neuen Motors erhöhte sich schrittweise auf 1,5 bzw. 1,6 Liter und 45 sowie 50 PS. Nach und nach hielten technischen Neuerungen wie ein automatischer Choke (1965), elektronischer Zündung (1988), Katalysator (1990), Kraftstoffeinspritzung und Hydraulikventilen sowie Lambdasonde (1993) Einzug in den kugelrunden Bestseller. Kurz nach der ersten Nachkriegsweihnachtszeit 1945 verließ der erste VW Typ 1 die Produktionsanlagen. Der Beginn der Massenproduktion war dabei improvisiert und die anhaltende Materialknappheit beeinträchtigte die Fertigung. Trotzdem oder gerade deshalb wurden die ersten Fahrzeuge echte Symbole der Hoffnung, den Zweiten Weltkrieg hinter sich zu lassen. Praktisch über Nacht wurde der VW Käfer zum Vehikel für die Demokratisierung der individuellen Mobilität.

VW Käfer / Beetle - alt und neu (Foto: Volkswagen)
VW Beetle (Foto: Volkswagen)
VW Versuchswagen (Foto: Volkswagen)
(Foto: Volkswagen)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Volkswagen)

Die moderne Fabrik, die in Kriegszeiten in die deutsche Armeeindustrie eingebunden war und hauptsächlich militärisches Material produzierte, wurde am 11. April 1945 von US-Truppen besetzt. Im Juni desselben Jahres übernahm die britische Militärregierung die Fabrik mit rund 6.000 Beschäftigten und am 22. August erhielt Officer Ivan Hirst einen ersten Auftrag über 20.000 Autos. Die produzierten Fahrzeuge waren hauptsächlich für die Alliierten gedacht; dienten aber auch der Bereitstellung von Gesundheitsdiensten in ländlichen Gebieten. Die Produktionsrate blieb bis zum Jahre 1947 bei rund 1.000 Autos pro Monat und erst nach der Börsenreform im Juni 1948 gab eine nennenswerte Zahl von privaten Käufern. Es waren letztlich die Briten, die das Werk auf die Produktion von zivilen Modellen umstellten und die Qualität der Fahrzeuge deutlich steigerten, während sie 1948 den Kundenservice schufen und ein Vertriebsnetz aufbauten, das bereits die drei Westzonen Deutschlands abdeckte. Im Oktober 1947 gab es den ersten Schritt zur internationalen Expansion und als die Volkswagenwerk GmbH im Oktober 1949 in deutsche Hände zurückkehrte, stand sie für den Beginn des deutschen Wirtschaftswunders.


Der Käfer war maßgeblich an der Entwicklung von Demokratie und Mobilität im Nachkriegsdeutschland beteiligt und fungierte anschließend als Botschafter für ein positiveres Bild von Deutschland im Ausland. Die internationale Strategie begann 1947 mit den ersten 56 Einheiten des Käfers, die nach Holland geschickt wurden, wo die Pon-Brüder zu Generalexporteuren von Volkswagen ernannt worden waren. Am 8. Januar 1949 verließ das erste Auto die Niederlande und überquerte den Ozean in die Vereinigten Staaten, um den Einstieg der deutschen Marke in die neue Welt voranzutreiben, die ihr erster weltweiter Markt wurde. Es dauerte nicht lange, bis die erste Cabrioversion erschien, denn am 1. Juli 1949 präsentierte Karmann einen Oben-ohne-Käfer, der den Kultstatus noch verstärkte, den das Auto innerhalb weniger Jahre erobert hatte. In der Zwischenzeit erfreute sich Wolfsburg immer größerer Beliebtheit: 1950 war der Käfer Nummer 100.000 vom Band gelaufen; ein Jahr später erreichte VW eine Viertelmillion, eine halbe Million im Jahr 1953 und eine Million im Jahr 1955. Mittlerweile wurden mehr als 1.000 Autos pro Tag und 280.000 pro Jahr gebaut und als die Fabriken das Produktionsvolumen erhöhten, stiegen die Stückzahlen auf eine Million Autos pro Jahr im Jahr 1965, so dass bereits zwei Jahre später die zehnte Million erreicht werden konnte. Allein in Deutschland gab es neben Wolfsburg bereits fünf weitere Fabriken in Hannover, Kassel, Braunschweig und Emden.

(Foto: Volkswagen)
(Foto: Volkswagen)
(Foto: Volkswagen)
(Foto: Volkswagen)
(Foto: Volkswagen)
(Foto: Volkswagen)

Am 17. Februar 1972 wurde ein besonderer Meilenstein erreicht: Der Käfer mit der Nummer 15.007.034 verließ das Fließband und entthronte den Ford T und war fortan das meistproduzierte Auto der Welt. Nach fast 30 Jahren Alleingang wurde im Jahre 1974 der kantige Golf eingeführt, der das in Wolfsburg hergestellte Modell werden sollte, während der Käfer von diesem Moment an nur in Emden (und bis 1978) in Brüssel und Osnabrück (Cabrio von Karmann) hergestellt wurde. 1981 ereignete sich ein weiterer wichtiger Moment in der Käfer-Geschichte - diesmal in Mexiko: Am 15. Mai wurde das Fahrzeug Nummer 20 Millionen in der Linie von Puebla fertiggestellt. Im Jahr 2003 wurde die dortige Produktion eingestellt und die endgültige Fassung "Última Edición" (nur in Hellblau und Beige erhältlich) war das Ende eines der brillantesten Kapitel in der Geschichte des Automobils. In 20 Ländern wurden letztlich 21.529.464 Einheiten hergestellt.

Noch bevor die Käfer-Produktion in Puebla im Jahr 2003 abgeschlossen war, wurde der New Beetle bei Volkswagen geboren. Der Beetle war ein von den USA geleitetes Fahrzeugprojekt, bei dem J. Mays aus dem kalifornischen Designcenter für das markante Aussehen sorgte, während die Produktion ab 1998 in Puebla / Mexiko erfolgte. Die rundlich-knuffigen Formen waren typisch Käfer, modern interpretiert. Topmodell wurde der VW Beetle RSi mit 3,2-Liter-V6-Motor mit 224 PS in limitierter Auflage. Im Gegensatz zu seinem Ahnen war der Motor nunmehr vorn quer und nicht hinten länge eingebaut, denn die Plattform stammte vom VW Golf IV. Zu Beginn standen zwei Motoren, ein 2,0-Liter-Benziner mit 115 PS und ein 1,9-Liter-Turbodiesel mit Direkteinspritzung zur Verfügung, wobei die Palette Schritt für Schritt ausgerollt wurde. An den Erfolg des originalen VW Käfer kam der Beetle speziell in Europa jedoch nicht mehr heran. Insbesondere der hohe Preis und die mäßige Verarbeitung sorgten für Probleme. Einzig auf dem amerikanischen Kontinent wurde auch der New Beetle zu einem echten Kultauto und selbst die zweite Generation des VW New Beetle wurde speziell in den USA ein großer Erfolg. Insbesondere gab es ein etwas maskulineres Design und kraftvolle Motoren und Sondermodelle wie den Beetle Dune, der offen wie geschlossen angeboten wurde. Wenn die Produktion Ende Juni ausläuft, ist es endgültig vorbei mit der Historie von Käfer und Beetle - es sei denn, er erlebt als Elektroauto eine Wiederauferstehung. Und wer würde daran schon zweifeln?

Autor: Joaquim Oliveira  Stand: 28.05.2019
Fotos: Volkswagen