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Harter Kern
Wie ersetzt man eine Ikone? Was Mercedes mit der G-Klasse gelungen ist, will nun auch Land Rover mit dem Defender schaffen. Das Warten hat sich gelohnt.

Harter Kern

Der Land Rover Defender 110 steht ab 20. Juni beim Händler (Foto: press-inform / Land Rover)

Wie ersetzt man eine Ikone? Was Mercedes mit der G-Klasse gelungen ist, will nun auch Land Rover mit dem Defender schaffen. Das Warten hat sich gelohnt.

Vier Jahre können eine verdammt lange Zeit sein. So lange mussten nämlich die Defender-Jünger ausharren, ehe die vierte Generation des Geländewagens endlich da war. "Wir haben das Auto sehnsüchtig erwartet", heißt es auch bei Land Rover. Klar, 48 Monate ohne ein Auto, das mehr als zwei Millionen Mal verkauft wurde und wie die Faust aufs Auge zum SUV Hype passt, da geht eine Menge Geld verloren. Image sowieso. Angeblich haben sich die Engländer beim Design des neuen Defenders schwergetan. Manchmal ist es gut, wenn man etwas länger wartet: Die Transformation der Formensprache in die Moderne ist gelungen. "Das Design respektiert die Vergangenheit, lässt sich aber nicht von ihr einengen", sagt Chef-Designer Gerry McGovern.

Der Defender kommt fast überall hin

Bei alle allen geschmacklichen Hin und Her, eines war immer klar. Ein Defender muss im Gelände mit den Besten mithalten. Und das tut die Nummer vier. Wie es sich gehört, hat der Defender einen permanenten Allradantrieb, zwei Sperren (Mitte und hinten) und natürlich solche Offroad-Schmankerl wie ein Untersetzungsgetriebe sowie verschiedene Fahrprogramme. Die werden mit dem linken Drehregler der Klimaanlage ausgewählt, nachdem man den entsprechenden Knopf rechts daneben gedrückt hat. Die All Terrain-Auswahl bietet alles, was das Offroad-Herz sich wünscht und wie man es von Land Rover kennt: Schnee und Eis, Schlamm, Schotter sowie natürlich Sand. Wer der Technik das Zepter überlassen will, schaltet auf "Auto", Gelände-Profis stimmen das Zusammenspiel zwischen Motorleistung, das Getriebe, die Differenziale und Fahrwerksysteme manuell auf ihre Bedürfnisse ab.


Dank der Luftfederung und der maximalen Achsverschränkung von 50 Zentimetern kommt der Defender fast überall hin. Selbst ein Gewässer kann den Briten mit einer Wattiefe von 90 Zentimetern nicht schrecken. Im schwierigen Gelände hilft der Trick mit der durchsichtigen Motorhaube auf dem Bildschirm. Das Cockpit bietet nicht den überbordenden Luxus eines Range Rovers, aber das Infotainment mit dem 12,3 Zoll Touchscreen und dem virtuellen Cockpit Instrumente ist dennoch zeitgemäß. Sogar ein Head-Up-Display und eine Lederausstattung sind auf Wunsch erhältlich. Die Konnektivität ist über Apple CarPlay und Android Auto gewährleistet. Updates für Infotainment, aber auch Motor und andere Systeme erfolgen drahtlos. Dass der Defender bei allen Nobelaccessoires im Grunde seines Wesens ein harter Bursche bleibt, zeigen die unverkleideten Schrauben und die innenliegende Motorhaube.

Auch ein MHEV ist erhältlich

Die neue D7x-Plattform ist um den Faktor drei steifer als die beste bisherige Land Rover Architektur. Die Briten schwören Stein und Bein darauf, dass man selbst bei einer extremen Verschränkung der Achsen die Tür öffnen kann, ausprobiert haben wir es nicht. Gott sei Dank kann man sich beim Kraxeln mit dem Defender am Lenkrad festhalten, denn die Unterstützung des Rumpfes durch die Sitze könnte besser sein. Ein steifes Chassis und eine Luftfederung helfen nicht nur jenseits des Asphalts, sondern auch darauf. Auch im Großstadtdschungel schlägt sich der Offroader gut. Dabei helfen auch Assistenzsysteme, wie ein Toter-Winkel-Assistent, der adaptive Tempomat und die 360 Grad Surroundkamera.

Dank der Luftfederung ist der Land Rover Defender 110 komfortabel (Foto: press-inform / Land Rover)
Übersichtliches Cockpit ohne zu viel Schnickschnack (Foto: press-inform / Land Rover)
Der Land Rover Defender 110 ist 5,02 Meter lang (Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)

Mit dem 177 kW / 240 PS starken Diesel kommt man gut voran. In der Regel agiert der Zweiliter-Vierzylinder-akustisch zurückhaltend, das Triebwerk meldet sich nur, wenn es gefordert wird. Allerdings merkt man auch, dass der Defender mit einem Gewicht von 2.323 Kilogramm kein Leichtgewicht ist. Bei 188 km/h Schluss und beim Standardsprint von null auf 100 km/h vergehen 9,1 Sekunden. Die Bremsen packen kräftig zu und zeigten während der Testfahrt keine Ermüdungserscheinungen. Dank des gegenüber dem Vorgänger deutlich verbesserten cw-Wertes von 0,38 hält sich der Norm-Durchschnittsverbrauch mit 9,1 l/100 Kilometern in überschaubaren Grenzen. Die Übersicht ist danke der hohen Sitzposition ohnehin gut und der Defender macht auch auf langen Strecken Spaß.


Wer den Motor noch etwas mehr kitzeln will, bewegt den Hebel der unauffällig agierenden Achtgang-Automatik in die S-Schaltgasse, dann steigt das Drehzahlniveau und das Ansprechverhalten verbessert sich. Der Kofferraum hat ein Volumen von 857 bis 1.946 Litern, allerdings ist die Ladekante im Normalzustand ziemlich hoch, kann aber dank der elektronisch gesteuerten Luftfederung abgesenkt werden. Legt man die Lehnen der Rücksitzbank um, entsteht eine leicht ansteigende Ladefläche und bei der fünfsitzigen Version hat man in der zweiten Reihe viel Platz. Wer will, kann auch sieben Personen in dem 5,02 Meter langen Defender 110 unterbringen. Wem drei Türen reichen, sollte bis zum Spätherbst warten, dann ist der Defender 90 mit Preisen ab 49.700 Euro bestellbar. Wer die 110er Variante will, legt mindestens 55.600 Euro hin und kann gleich losfahren. Neben den konventionellen Triebwerken (zwei Benziner, zwei Diesel), ist bereits zum Marktstart auch der Mildhybrid-Benziner mit 294 kW / 400 PS erhältlich. Sehr gut möglich, dass den Motorraum bald ein Achtzylinder ziert. Platz genug ist vorhanden, das Fahrwerk gibt es her und erste Erlkönige sollen bereits gesichtet worden sein.

(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)
(Foto: press-inform / Land Rover)

Autor: Wolfgang Gomoll, Wülfrath  Stand: 02.06.2020
Fotos: press-inform / Land Rover