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Grüne PS-Insel der Glückseligkeit

Außenansicht Los Angeles Auto Show 2014 (Foto: Marcel Sommer)

Im US-Bundesstaat Kalifornien ist alles etwas anders. Das gilt mehr denn je für die Los Angeles Autoshow: grün ist gut, edel besser und PS-starke Luxusgefährte sind eine wahre Versuchung. Gerade die Europäer haben die Messe in Downtown L.A. längst zu ihrem sonnigen Jahresabschluss auserkoren.

Der Toyota Mirai raubt einem den Atem. Nicht, weil er am schmucklosen Messestand derart begeistert, sondern weil Halloween an sich schon ein paar Wochen vorbei ist. Vorsichtig ausgedrückt, präsentiert sich das erste Brennstoffzellenauto der Welt visuell polarisierend. Viele Messebesucher drücken es weniger zurückhaltend aus. Ändert nichts daran, dass Toyota mit dem 4,89 Meter langen Mirai (übersetzt: Zukunft) das Tor zur automobilen Zukunft ein gutes Stück aufstößt. 500 Kilometer Reichweite, 114 kW / 155 PS und emissionsfreies Fahren bis knapp 180 km/h. Schade, dass in Deutschland gerade einmal ein Dutzend Wasserstofftankstellen am Netz sind und das Zukunftsmobil unglaubliche 78.540 Euro kostet. Da sieht es im Sonnenstadt Kalifornien für umgerechnet 46.000 Euro abzgl. steuerlicher Vergünstigungen von bis zu 13.000 Dollar und kostenlosem Tanken deutlich geneigter aus. Nirgends könnte man den Mirai als Zukunftsmodell besser präsentieren. In Kalifornien werden jährlich bis zu 70.000 Toyota Prius zugelassen. So viel Toyotas verkaufen die Japaner in Deutschland mit der ganzen Palette nicht.

Citysurfer Concept für die letzten Meter

Doch die Los Angeles Autoshow kann auch anders. Das ist nirgends eindrucksvoller zu bestaunen, als bei Mercedes. Die Schwaben legen die Submarke Maybach als Luxusableger der Mercedes S-Klasse wieder auf - gerade einmal zwei Jahre nach dem Rückzug aus der Welt der Schönen und Reichen. Der Fahrzeugpraline Mercedes-Maybach, in westlichen Ländern nur als Acht- und Zwölfzylinder verfügbar, bietet insbesondere im Fond nahezu grenzenlosen Luxus und wird mit den Liegesesseln zu einer Oase auf Rädern, die bis zu 250 km/h durch die entrückte Umgebung düst. Wegen Autos wie dem Toyota Mirai, dem Luxus-Maybach, einem Mercedes AMG GTS oder dem doppelten Kraftpaket-Lottchen aus BMW X5 M / X6 M kommen die Messebesucher zehn Tage lang in die Stadt der Engel. Die Schlagzahl auf der Los Angeles Autoshow geben seit Jahren die Hersteller aus Europa und Japan vor. Die großen drei amerikanischen Hersteller sparen sich ihre Top-Neuheiten zumeist für die Detroit Motorshow auf, mit der jedes Jahr Mitte Januar das Autojahr eröffnet wird. Hier eine Modellpflege und da ein Sportmodell; mehr gibt es kaum in Augenschein zu nehmen.


Auf der typisch amerikanische Mischung aus Frankfurter IAA und Essen Motor Show sind in diesem Jahr über 60 Premieren, davon 34 Weltneuheiten und jede Menge aufgefrischter Modelle zu beäugen. Mit dem Mini Citysurfer Concept ist sogar ein elektrisches Skateboard darunter, dass die letzten Meter vom Parkplatz zu Restaurant oder Geschäft zum Vergnügen werden lässt. Passt zu der Stimmung auf Los Angeles Autoshow. Die ist lässiger denn je; auch weil die Messe für die führenden Hersteller keine besonders wichtige der A-Kategorie ist; man sich jedoch auf einem der wichtigsten Automärkte der Welt in einem ebenso entspannten wie strahlenden Licht präsentieren möchte. "Für uns ist Kalifornien der wichtigste Einzelmarkt in den USA", so BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer, "hier nimmt man Mini im Straßenbild wahr."

Neue Audi-Linie

Gleichzeitig findet dieses Jahr die bereits elfte Design Challenge der Los Angeles Auto Show statt. Das Motto diesmal: "erspüre die Zukunft: wie interagieren Fahrzeuge im Jahr 2029 mit uns?" Doch die Design Challenge ist im Laufe der Jahre müde geworden. Die abgehobenen Zukunftsvisionen wiederholen sich; das Publikum nimmt die Teilausstellung der Vorschläge allenfalls am Rande wahr. "Als eine der weltweit dynamischsten Metropolen hat Los Angeles den technologischen Fortschritt im Visier, der für unser tägliches Leben so wichtig ist", bekräftigt dagegen Liza Kaz als Präsidentin der Messe, "vor diesem Hintergrund ist das diesjährige Thema der Abhängigkeit des Menschen von der Maschine besonders passend, da unsere Sinne, Gefühle und Gewohnheiten sich immer weiter mit unseren Autos verbinden."

Mazda CX 3 - Weltpremiere in Los Angeles (Foto: Marcel Sommer)
Audi Prologue - Aufbruch in ein neues Zeitalter (Foto: Marcel Sommer)
Mini Citysurfer Concept auf der Los Angeles Autoshow (Foto: press-inform / Mini)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)

Einem ganz anderen Thema hat sich die Hauptneuheit aus dem Hause Audi gewidmet. Mit der Konzeptstudie des Prologue wollen die Ingolstädter eine geänderte Designlinie ins Leben rufen - initiiert von Chefdesigner Marc Lichte, der vor einigen Monaten von Volkswagen zu Audi wechselte. Doch die fünf Meter lange Coupéstudie sieht nicht nur elegant aus. Sie soll mit 605 PS und einer Sprintfähigkeit von 3,7 Sekunden bis Tempo 100 ihre Insassen begeistern. Das Serienmodell des R8 Competition steht mit seinen 570 PS fast schon untermotorisiert daneben - dafür schafft er Tempo 320. Betont luxuriös geht es bei den Zuffenhäusern von Porsche zu. Denn dort ist neben den sportlichen GTS-Modellen von Cayenne und 911 der Panamera Exclusive zu sehen. Eine Besonderheit, neben dem edlen Interieur, ist die von schwarz zu braun metallic wechselnde exklusive Außenfarbe des auf 100 Exemplare limitierten Turbo S. Sein Preis soll bei rund einer viertel Million Euro liegen. Noch teurer und exklusiver: der Bentley Continental GT3-R


Britisch, aber alles andere als zurückhaltend, geht es bei Jaguar zu. Der dreckig röhrende Lustbringer Jaguar F-Type ist nicht nur als Handschaler, sondern auch als Allradler unter dem Namen F-Type AWD erhältlich. Seine 550 PS, die er aus einem Kompressor-V8 gewinnt, beschleunigen ihn, dank nun verbesserter Traktion, um eine Zehntelsekunde schneller als sein heckangetriebener Bruder in 4,1 Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde. Noch auf der Messe bekommt der Brite jedoch mächtiges Dauerfeuer aus den USA. Das Cadillac ATS-V Coupe rauscht mit einem 3,6 Liter großen V6 und 450 PS heran. Ebenfalls aus dem Gastgeberland stammt der Dodge Charger SRT 392. Aus seinem 6,4 Liter großen V8-Motor holt er 470 PS. Den Viertelmeilensprint schafft er in rund zwölf Sekunden. Die Hellcat bietet über 700 PS und 340 km/h Spitze für weniger als 70.000 Dollar. So etwas gibt es nur in Los Angeles, wo die Gallone Kraftstoff gerade kaum mehr als drei Dollar kostet.

(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Marcel Sommer)

Ein regelrechtes Premierenfeuerwerk brennt Mazda ab. Gleich drei Weltpremieren, von denen auf dem neuen CX-3 das Hauptaugenmerk liegt, haben sie mit über den Pazifik gebracht. Das Kompakt-SUV teilt sich die Plattform des Mazda 2 und soll im Frühjahr 2015 mit Front- und Allrad auf den Markt kommen. "Der CX-3 trägt die Gene unserer Roadster-Ikone MX-5 in sich", schwärmt Chefdesigner Ikuo Maeda. Die Modellpflegen der Erfolgsmodelle CX-5 und Mazda 6 ergänzen das prallen Auftritt. Ein weiterer Japaner, der Honda CR-V erfreut sich ebenfalls einer Generalüberholung. Gleiches gilt für die aufgefrischte Generation des Ford Explorer und des Chrysler 300. Echte Neuheiten bietet Fiat mit seinem kleinen Allradler 500x als Bruder des Jeep Renegade und Volvo mit dem ebenfalls über alle vier Räder angetriebenen V60 Cross Country. 65 Millimeter mehr Bodenfreiheit, eine Drehmomentsteuerung sowie Corner Traction Control ermöglichen dem schwedischen Kombi Fahrten abseits der befestigten Wege. Das gilt auch für den VW Golf R Variant. Erstmals ist der stärkste Serien-Golf auch als Kombi zu bekommen. 300 PS treffen auf 250 km/h Höchstgeschwindigkeit und 1.620 Liter Laderaum.

Den VW Golf Variant, in den USA als Golf SportWagen angeboten, gibt es zusammen mit dem US-Passat auf der Los Angeles Autoshow noch in einer ganz anderen Rolle zu bestaunen, denn die Wolfsburger zeigen in der Millionenmetropole das seriennahe Gedankenspiel einer Brennstoffzelle und machen so die Muskeln gegenüber den führenden Herstellern Toyota, Honda und Hyundai breit, die ihre Wasserstoffmodelle allesamt im kommenden Jahr in Serie bringen. "Wir wollen mit unseren Modellen aus dem Volkswagenkonzern zeigen, dass wir vorbereitet sind", erklärt Audi-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg, "doch für eine Serienproduktion müsste es erst einmal die nötige Infrastruktur geben." Doch so recht will auf der Los Angeles Autoshow kaum jemand etwas von der Brennstoffzelle wissen. Schließlich steht ein paar Meter weiter mit dem Lexus LF-C2 die sehenswerte Designstudie eines 2+2-sitzigen Cabriolets. Wo würde der besser hinpassen, als nach Kalifornien? Und für die letzten Meter zum Strand gibt es immer noch das Mini Skateboard.

 

Autor: Marcel Sommer / Stefan Grundhoff  Stand: 20.11.2014
Fotos: Marcel Sommer