J.G. Francis selbst fährt aktuell einen 250er der W 123er-Klasse. "Ich habe aber einen 280-E-Motor verbaut. Der läuft viel besser", sagt er nüchtern. Trotzdem geht es den meisten Kunden im eine größtmögliche Originalität, die sie gerne teuer bezahlen. Schließlich sind die Modelle nachher beinahe im Neuzustand. Dafür werden die Sternenmodelle komplett auseinandergenommen und danach mit überholter Technik und neuem oder aufgefrischten Interieur versehen. In den späten 70ern und frühen 80ern verkaufte Mercedes nicht nur im US-Bundesstaat Kalifornien hauptsächlich Turbodiesel, die wegen der bereits damals strengen Schadstoffvorschriften mit einem einfachen Partikelfilter ausgerüstet waren. Allerweltsautos von damals wie den Mercedes 300 TDT, 250er oder das beliebte Luxusmodell 300 SDL stehen heute in der Gunst der Kunden ganz oben.
Unter 100.000 Meilen
J.G. Francis und seine Mitstreiter kommen mit der Restauration von Mercedes Oldtimern ohnehin nicht hinterher. Sie sind mehr Künstler und Bewahrer statt gewöhnlicher Autobastler. "Viele Wagen sind bereits verkauft, bevor wir mit der eigentlichen Arbeit angefangen haben. Der Markt wird immer verrückter", erzählt Firmengrüner J.G. Francis, "das macht es für uns auch immer aufwendiger, als Klassiker zu kommen. Doch zum Glück ist der Bestand groß genug." Das Geschäft selbst hat nicht viel mit einer normalen Werkstatt gemein. Das Büro sieht aus wie ein trendiges Szeneloft mit drei prall gefüllten Arbeitsplätzen, Nierentischen und Sesseln aus den 50er Jahren. Überall liegen historische Poster, vergilbte Bedienhandbücher und Kleinteile herum. Die überdimensionale Ausführung eines Setzkastens treibt nicht nur fanatischen Sternenjüngern die Tränen in die Augen. Hier liegen lagern nur auf den ersten Blick unbeachtet Türpins, Haltegriffe, Radkappen und Montageanleitungen. Gleich nebenan stapeln sich übereinander Dutzende alter Becker Radios vom Europa über das Coburg bis hin zum legendären Grand Prix. Eine echte Schau sind die Schlüsseletuis und die Kühlerplaketten, die die Gittergrille von Fahrzeugen aus der ganzen Welt verziert haben. Das Hochregallager beheimatet Sitze, Türverkleidungen und Teppiche.
In der Werkstatt selbst stehen die Fahrzeuge derart dicht an dicht, dass sie per Hand nach vorne gezogen werden müssen. Bald steht ein Umzug an. Das rechte Objekt steht jedoch noch nicht fest. Gerade zieht J.G. ein spätes Strich-Achter-Coupé in blassem grün nach vorn und schaut sich den Innenraum an. Er sieht aus wie neu. Die Sitze wurden von seinen Mitarbeitern komplett neu bezogen und der Wagen hat nicht einmal 90.000 Meilen auf der Uhr. "Die meisten Wagen die ich kaufe, liegen unter 100.000 Meilen", erklärt er während er den betagten Zweitürer vorsichtig zurückschiebt, "eine Laufleistung kann man eben nie wieder zurückholen. Und wenn möglich, kaufe ich keine Oldtimer mit gerissenem Armaturenbrett. Die Ersatzteile gibt es oft nicht mehr und wenn, dann sind sie wahnsinnig teuer."
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- Veröffentlicht: 11. Mai 2016