Ein leistungsstarker mächtiger Vierzylinder Motor mit einem Hubraum von 6,8 Litern, ein tiefer Schwerpunkt und ein langer Radstand lautet die Erfolgsformel. Dazu kommen feine Technikdetails, wie ein geschlossenes Wasserkühlsystem inklusive Wabengrill. Einige dieser Ideen kommen direkt Automobil-Autodidakten von Jellinek. Die Gleichung geht auf. Unter dem Pseudonym "Mercedes" (der Name seiner Tochter) beweist Jellinek die Leistungsfähigkeit der DMG-Autos, gegen die kein Kraut gewachsen ist. "Ganz klar haben die französischen Konstrukteure dem derzeit nichts entgegenzusetzen", schreibt die Zeitung "La Presse" am 30. März 1901 über den dritten Mercedes-Sieg binnen weniger Tage und das Gründungsmitglied und Generalsekretär des Automobile Club de France (A.C.F.), Paul Meyan, stellt nüchtern fest: "Wir sind in die Ära Mercédès eingetreten."
Autorennen als Marketing-Instrument
Noch heute umströmt die Fahrzeuge von damals eine magische Aura. Der weiße Mercedes Simplex aus dem Jahr 1903 hat 40 PS, war für damalige Verhältnisse einfach zu bedienen und stellt einen Meilenstein in der Entwicklung der Automobile dar. Das Hochschalten ist beim weißen Oldtimer aus dem Jahre 1903 ist eine Prozedur, die volle Konzentration verlangt: Fuß vom Gas, kuppeln, Gang auf Neutral, Kupplung lösen, wieder kuppeln und den nächsthöheren Gang einlegen. Ein Formel-1-Weltmeister ist daran schon gescheitert, musste eine Nacht darüber schlafen, die Vorgehensweise verinnerlichen, ehe es am nächsten Tag geklappt hat. Auf dem Weg nach La Turbie, dem legendären Zielpunkt des Bergrennens, das in Nizza gestartet wurde, schöpfen wir die Kraftreserven des Ur-Oldtimers nicht voll aus, schließlich ist das weiße Fahrzeug eine Preziose, die nicht unter einer Million Euro zu haben ist.
Deswegen ist Vorsicht geboten. Doch das Erlebnis einen rollenden Meilenstein zu bewegen, überwiegt. Der Simplex hat alles: H-Schaltung, Bremsen, die jeweils mit einen Pedal links und rechts aktiviert werden und eine Lenkung, die vollen Körpereinsatz verlangt. Sobald es um eine der vielen Kurven geht, krallt man seine Hände um den dicken Holzkranz des Volants und wuchtet das Gefährt mit aller Kraft um die Ecke. Dazu gehört auch die Verlagerung des Körpergewichts. "Das ist ein ganz schöner Kampf", meint Ex-Formel-1-Fahrert David Coulthard, der einen anderen Mercedes-Simplex den Berg hochprügelt. Schon in der ersten Kurve nach dem Start in Nizza, der heute ein unscheinbarer Busbahnhof ist, erschauert man innerlich. Dort hängt eine Gedenktafel für den Werksfahrer der Daimler Motoren-Gesellschaft, Wilhelm Bauer, der beim Rennen des Jahres 1900 an dieser Stelle in die Felswand krachte und einen Tag später starb, weil er Zuschauern, die auf die Strecke gelaufen waren, ausweichen musste.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 25. April 2017