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Fast alle Kunden sind gleich

Michael Evers (links) und Heinz-Dieter Tiemeyer. (Foto: Marcel Sommer)

Während sich in den USA Betroffene des Diesel-Skandals über eine finanzielle Unterstützung freuen, sollen in der Heimat von VW vor allem Worte trösten.

"Das ist eben so", resigniert Heinz-Dieter Tiemeyer auf die Frage, warum nicht alle Kunden von Volkswagen im sogenannten Dieselgate-Skandal gleich behandelt werden können. "Wir sind das ausführende Organ. Alles Weitere wird von oben gesteuert. Es ist ja nicht so, dass die Autohändler in den USA sich von sich aus so und die Deutschen so entschieden haben." Nein, Herr Tiemeyer ist kein frisch angelernter Angestellter in einem Autohaus. Er ist auch kein Werkstattleiter. Er ist der Vorstandsvorsitzende der gleichnamigen Unternehmensgruppe Tiemeyer automobile AG mit insgesamt 14 Betrieben im zentralen Ruhrgebiet. Um es salopp zu formulieren: Er ist im Pott einer der ganz Großen im Auto-Business.

Günstiger Versöhnungs-Versuch

Umso verstörender ist natürlich seine Antwort zu verstehen. Bekommen in den USA die Opfer der Diesel-Affäre mindestens 1.000 US-Dollar in Form von Geld und Gutscheinen, stehen in Deutschland, dem Heimatland von Volkswagen, die Kunden mit bildlich gesprochen leeren Händen dar. Lediglich Hinweise auf zahlreichen Händler-Homepages wie "Wir werden uns bei Ihnen melden. Bis dahin können Sie Ihr Fahrzeug wie gewohnt weiterfahren, es ist technisch sicher und fahrbereit" sollen beruhigend auf die Kundschaft wirken. Dennoch gibt es so manch findigen Autohändler, der doch noch, zwar nicht sehr tief aber immerhin, in die eigene Tasche greift, um zumindest ein klein wenig das so viel zitierte Vertrauen zurückzugewinnen.


Bei Heinz-Dieter Tiemeyer dürfen sich seine betroffenen Kunden über mehrere Dinge freuen. Zum einen über einen Ersatzwagen für die Zeit, in der sich das eigene Fahrzeug in Behandlung befindet. Wer nett fragt, könnte sogar mit einem besseren, sprich höherwertigen Modell vom Hof rollen. "Solange die Kapazitäten es zulassen, sehe ich kaum Gründe die dagegen sprechen. Bei uns schaut es aktuell noch sehr gut aus", verrät er. Das sollte es auch, rühmt sich das Unternehmen mit 2.500 sofort verfügbaren Fahrzeugen. Eine greifbare und vor allem im eigenen Besitz bleibende Aufmerksamkeit stellt das selbst entworfene Welcome Package für die Kunden dar. Ihr Inhalt: ein kleiner Holzwürfel samt Sonnenblumenkernen und Erde, ein Auto-Scheiben-Schwamm, ein -20 Prozent-Service-Gutschein, ein Gutschein für eine kostenlose Probefahrt und ein knallig ins Auge fallender 150 Euro-Gutschein. Materialkosten: knapp fünf Euro. Neben dem irgendwie völlig überflüssig wirkenden Probefahrten-Coupon zeigt aber leider besonders letzterer Gutschein, dass bei genauem Hinsehen auch der fast schon amerikanische Ausmaße annehmende 150 Euro-Gutschein schnell an Schein verliert. Denn, wer das Kleingedruckte liest, stellt fest, dass sich der VW Konzern das Geld hintenherum direkt wiederholt. Den Nachlass gibt es nur bei einem Fahrzeugkauf bei gleichzeitigem Abschluss einer Kfz-Haftpflicht- /Vollkaskoversicherung der Volkswagen Autoversicherung AG.

Simples Update

Möglichst entspannt kommt der Kunde nur aus der Diesel-Affäre, wenn er einen ganz speziellen Service in Anspruch nimmt. Nach dem eingegangenen Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes kann der Besitzer eines Fahrzeugs mit dem Dieselaggregat EA189 entweder spontan auf oder zu einem abgestimmten Termin zum Autohaus seines Vertrauens fahren. Oder, und das scheint der komfortabelste Weg zu sein, sein Fahrzeug einfach auf Kosten von Volkswagen abholen und auch wieder zurückbringen lassen. "Die Kosten werden vollumfänglich vom Volkswagen Konzern übernommen. Die Aktion sollte sich natürlich im näheren Umkreis abspielen. Wenn ein Kunde aus Düsseldorf sein Fahrzeug bei uns umrüsten lassen möchte, werden auch 30 Kilometer nicht stören. Kommt er aus München müsste ich ihn dann jedoch an das dortige Autohaus verweisen", erklärt Heinz-Dieter Tiemeyer.

Das Welcome-Paket vom Autohaus Tiemeyer. (Foto: Marcel Sommer)
Jeder Dieselgate-Kunde bekommt eines. (Foto: Marcel Sommer)
Von 1.000 Dollar oder Euro als Entschädigung können deutsche Kunden nur träumen. (Foto: Marcel Sommer)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)

Was dann mit dem jeweiligen Fahrzeug genau gemacht wird, ist schnell erklärt und auch schnell durchgeführt. "Wagen mit einem 1,2 Liter, 1,6 Liter und 2,0 Liter-Motor des Typs EA189 werden mit einem Software-Update versehen. Stecker rein, Update rauf, Stecker raus", verrät der Vorstandsvorsitzende. Die reine Arbeitszeit beträgt weniger als 30 Minuten. Beim 1,6 Liter-Aggregat wird zusätzlich ein Strömungsgleichrichter im Ansaugtrakt eingesetzt, so dass für die reine Arbeitszeit, inklusive Software-Update, knapp 45 Minuten kalkuliert werden. Dieses Bauteil erhöht die Messgenauigkeit der angesaugten Luft und optimiert den Verbrennungsvorgang.

(Foto: Hersteller)
(Foto: Hersteller)
 

 

Autor: Marcel Sommer  Stand: 21.03.2016
Fotos: Marcel Sommer