Auf den ersten Blick wirkt der Speedster fragil und extrem puristisch. Eine winzige Windschutzscheibe, stellt ihren Zweck eindrucksvoll unter Beweis, als der Unrat einer Möwe auf dem Glas landet. Das Holz-Lenkrad hat den Durchmesser einer Pizza und der Kranz ist nur unwesentlich dicker als eine Rigatoni, liegt aber dennoch so gut in der Hand, dass sich der Zweisitzer problemlos um die Kurven zirkeln lässt. Die gibt es auf der legendären "Piccolo Madonie" (kleine Bergrunde) mehr als genug: 72 Kilometer, 600 Kurven und elf Runden. Zeit zum Durchatmen - Fehlanzeige. Das Asphaltband fordert den Fahrer unaufhörlich heraus. Wer im Ziel ankommt, hat gewonnen.
Klassische Rundfahrt
Jeder Zentimeter der Strecke steckt voller Historie. Hier landete Hans Herrmann mit seinem Porsche 550 Spyder schon kurz nach dem Start im Straßengraben, musste aber an der Unfallstelle ausharren, bis das Rennen zu Ende war. Trotzdem musste der Targa-Florio-Sieger des Jahres 1960 keinen Hunger leiden. Die Teamkollegen warfen dem verunglückten Favoriten nach jedem Boxenstopp im Vorüberfahren eine Brotzeit, auf schwäbisch "Vesper" zu. Diese besondere Variante von Essen auf Rädern war erfolgreich. "So gut und viel hat der in seinem Leben nicht gegessen", lacht Herbert Linge, der bei der Targa Florio nie schlechter als Sechster war.
Die schnelle Rundreise auf Sizilien gehört zu den klassischen Langstreckenrennen. Was 1906 vom ortsansässigen Grafen Vincenzo Florio als Werbe-Fahrt initiiert worden war, um Touristen auf die Mittelmeerinsel zu locken, erlangte schon bald Kultstatus. Die tollkühnen Männer in ihren donnernden Kisten feuerten ohne Rücksicht auf Verluste auf öffentlichen Straßen über die Landschaft und durch malerische Bergdörfer. Die Gefahr war ein ständiger Begleiter: Tiere kreuzten die Fahrbahn, Hufnägel schlitzten Reifen auf und selbst höchst talentierten Piloten ging der Asphalt aus. Die Folge waren nicht selten heftige Unfälle, bei denen Mensch und Maschine in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der Begeisterung tat das keinen Abbruch. Im Gegenteil: Wenn der Lokal-Heroe Nino Vacarrella in einem Ferrari um die Kurven driftete, standen die Zuschauer dicht gedrängt am Straßenrand und wollten den kostbaren Lack mit den Händen berühren. Der Heimvorteil des Lehrers war nicht zu unterschätzen: Formel-1-Stars, wie Juan Manuel Fangio oder Graham Hill hatten ihre liebe Mühe heil ins Ziel zu kommen. Die Siegerliste strotzt nur so vor prominenten Namen, wie Wolfgang Graf Berghe von Trips oder Stirling Moss.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 08. Mai 2016