Rund die Hälfte des Umsatzes macht das Classic Center mit dem Teileverkauf. Mehr als 40.000 Ersatzteile liegen im Lager bereit. Werden andere Komponenten gebraucht, werden die innerhalb von 48 Stunden aus Stuttgart angeliefert. "Meistens kommen die Kunden mit größeren Instandsetzungen zu uns. Solchen Sachen, die in den Mercedes-Filialen nicht mehr gemacht werden können", erklärt Chefmechaniker Nate Landers, "gelernt habe ich meinen Job bei einem neunmonatigen Lehrgang in Stuttgart. Vorher habe ich ein paar Jahre Autorestaurierung studiert. Privat fahre ich eine Heckflosse." Gerade erst wurde im Classic Center ein Adenauer-Pärchen aus 300 d Cabrio und Limousine instandgesetzt. "Von dem Adenauer Cabriolet wurden gerade einmal 65 Stück gebaut. Wie viele es noch gibt, wissen wir nicht genau. Viele sind es aber sicher nicht", erklärt Mike Kunz, "die Restaurierung dauerte rund vier Jahre. Parallel dazu haben wir eine 300er Limousine instandgesetzt und dabei viel über die Baureihen gelernt."
Der offene Mercedes 300 ist ein Zeitzeichen der späten 50er Jahre und damit ein Zeuge einer aufstrebenden Bundesrepublik, die alles andere wollte, als mit einer imposanten Staatslimousine nach außen hin die Muskeln spielen zu lassen. Der Zweite Weltkrieg lag gerade erst einige Jahre zurück, als Mitte der 50er Jahre die Entscheidung für den Mercedes 300 gefällt wurde. Die enge Ableitung von der 300er Limousine ist dem offenen Beau nicht nur durch seine bauchig-organischen Formen anzusehen. Das Cabriolet der W 189 Serie behielt seine vier Türen - bis heute in der Daimler‘schen Nachkriegsgeschichte einmalig. Seine enge technische Verwandtschaft mit dem spektakulären Flügeltürer des Mercedes 300 SL sieht man dem 5,19 Meter langen Luxusmodell nicht einmal auf den zweiten Blick an. Sein heutiger Wert: eine Million Dollar. 37.000 D-Mark kostete er inklusiv Automatikgetriebe Ende 1958 in Deutschland.
Doch jetzt steht erst einmal eine Autoauslieferung an. Der blaue Mercedes 190 SL ist fertig. Autosammler Aaron Weiss konnte sich jahrzehntelang ausschließlich für amerikanische 16-Zylindermodelle von Marmon und Cadillac begeistern. Doch immer mehr Mercedes-Modelle bevölkern seine spektakuläre Sammlung im nördlich gelegenen Pasadena. Gleich in der Nebenhalle seiner Privatsammlung stehen neben den majestätischen 16-Zylinder-Schachtschiffen inklusiv des legendären Marmon Sixteen von 1932 erste Daimler-Modelle. Hier ein Mercedes 380 SLC, dort eine Pagode und auf der Bühne die neue Liebe des Kaliforniers: ein Mercedes 290 Cabrio A von 1936. "Wir bringen es gerade in den Originalzustand. Es kommt aus Wiesbaden. Der Vorbesitzer hat wegen der kühlen Temperaturen dort sogar eine Sitzheizung eingebaut", schüttelt Weiss den Kopf. In ein paar Wochen soll das grüne Prachtstück fertig sein. Bis dahin erfreut er sich an seinen frisch restaurierten Mercedes 190 SL, den Kunz persönlich vorbeibringt. "Ein tolles Cabriolet", sagt Aaron Weiss nüchtern, als der blaue 190er in seine Halle gefahren wird, "es gibt eine einfache Regel: when the top gets down - the price gets up. Ich liebe Cabrios."
Fotos: Royce Rumsey
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- Veröffentlicht: 22. Juni 2016