"Uns hat auch überrascht, dass Fahrer eines Audi A6 sportlicher als die eines TT fahren", lächelt Dr. Florian Netter, "das ist an der Querbeschleunigungen im Fahrzeug klar abzulesen." In rund 14 Monaten wurden so mehr als sechs Milliarden Datensätze produziert - pro Sekunde werden pro Audi-Testwagen 500 Signale verarbeitet - aus 850 Bussignalen entsteht so eine wahre Schwarmintelligenz. Um die großen Datenmengen zu verarbeiten, wird in neue Technologien investiert. Die nächste Ausbaustufe des hauseigenen Infotainmentbaukastens MIB2+ unterstützt den Mobilfunkstandard LTE Advanced. Der übernächste Schritt dürfte der Automotive-Standard LTE-V sein, mit dem sich Autos direkt miteinander vernetzen. Nach Jahrzehnten scheint das Zeitalter der car-to-car- und car-to-x-Kommunikation endlich angebrochen zu sein. Um die zukünftigen Informationen verarbeiten zu können, gibt es mittlerweile sogar eine teilautomatisierte Testflotte im Maßstab 1:8, die per Kameras und Sensoren Erkenntnisse liefert, wie Daten gesammelt werden und Fahrzeuge miteinander kommunizieren.
Here macht es möglich
Die Ergebnisse der Analyse fließen per UMTS-Geschwindigkeit auf eigene Audi-Server und ein Teil der Daten geht weiter auf die Server von Here, einem Anbieter von extrem genauen und sehr aktuellen Navigationsdaten. Das Unternehmen wurde vor Monaten von den drei ansonsten konkurrierenden Autoherstellern Audi, BMW und Daimler zu gleichen Teilen erworben. Einst in Nokia-Hand ist es eines der führenden Softwareunternehmen für digitale Navigationskarten und stellt ortsbezogene Dienstleistungen für fast 200 Länder bereit. 80 Prozent aller Autos, die heute in Europa und Nordamerika mit integriertem Navigationssystem fahren, nutzen Karten von Here.
Die Konzerne haben längst verstanden, dass die Daten rund um das Auto das Geschäft von morgen und übermorgen werden dürfte. "In einem ersten Schritt konnten die Autos mit ihren Kameras nur sehen", erklärt Dr. Florian Netter, "mittlerweile können diese kommunizieren und zukünftig werden sie so eigene Entscheidungen treffen können." Die Daten, die das Auto per Kameras und Sensoren auf jedem Meter aufnimmt, ist ein Datenpool, der kaum Grenzen kennt. Dies kann auf der einen Seite dem Auto und Fahrer selbst zugutekommen, wenn vor einer Kurve nicht mehr beschleunigt werden muss oder das Fahrwerk auf unebenem Untergrund in den Komfortmodus schaltet. Ferner können sich Autos vor Gefahrenstellen warnen, noch bevor das Pannenfahrzeug oder das Glatteis zu erkennen ist. Doch die Stoffsammlung kann noch mehr. Melden mindestens fünf Autofahrer über die Kameras ihrer vernetzten Fahrzeuge, dass ein neues Tempolimit, ein neues Überholverbot oder eine Baustelle existiert, werden die Navigationsdaten in Echtzeit angepasst. "Bei uns bekommen die Modelle A4, / A5, Q5 und Q7 ab Anfang 2017 dieses System", ergänzt Nesser. Das gilt in Zukunft auch für einen Parkservice. Die Fahrzeuge melden mittelfristig ihre Ein- und Ausparkvorgänge und Parkplätze auf der Straße lassen sich so leicht finden.
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- Veröffentlicht: 30. August 2016