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People Mover statt S-Bahn?

Solche Shuttles werden in Zukunft eingesetzt (Bild People Mover von ZF 2getthere) (Foto: press-inform / BMW)

Mitte des Jahrzehnts sollen die ersten Autos autonom unterwegs sein. Zu den Robo-Taxis ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Für die Pendler ist das laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey positiv, da die Kosten für die Nutzung des ÖPNVs fallen werden. Eine andere Transportbranche wird dagegen Kunden verlieren.

Jeder Berufspendler kennt das ungewollte Gemeinschaftsgefühl einer Fahrt mit dem Öffentlichen Personen Nahverkehr. Erst steht man sich mit vielen anderen an mehr oder weniger gepflegten Bahnsteigen die Beine in den Bauch, weil der Zug nicht kommt. Im Winter pfeift einem dann noch ein ermunternder kalter Wind um die Nase und später riecht man in der überfüllten S-Bahn, welche Soßen sich auf dem Frühstücks-Burger des Strategen befanden, der seine Beats so laut aufdreht, dass man trotz seiner Kopfhörer jeden Gitarrenriff so deutlich mitbekommt, als wenn man im Konzern direkt vor der Bühne stehen würde.

Revolution nimmt Fahrt auf

Diese ganz spezielle Sozialisierung gehörte jahrzehntelang zum Tagesablauf von Millionen Menschen. Und das zwei Mal. Auf dem Heimweg wiederholte sich die Prozedur, nur dass einem jetzt das Kantinenessen um die Nase weht, garniert mit Aromen der Zigarettenpause. Doch in ein paar Jahren soll laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey diese Routine der Vergangenheit angehören. Die Analysten gehen davon aus, dass ab Mitte des Jahrzehnts die ersten Robo-Taxis auf den Straßen zu sehen sein werden und diese ab 2030 die günstigste Mobilitätsoption in Städten darstellen. Das hat die Auswertung der Studie ergeben, für die Daten aus mehr als 2.800 Städten in 110 Ländern herangezogen und 75 Entscheider aus der Industrie befragt wurden.


"Die Robotaxi-Revolution nimmt wieder Fahrt auf. Nun investieren vor allem die Technologieunternehmen wieder massiv in das autonome Fahren", erklärt McKinsey-Expertin Kersten Heineke. Damit ist die Zurückhaltung der Industrie, die während der Covid-19-Pandemie Projekte pausiert oder zurückgestellt hat, überwinden und es geht mit voller Kraft in das Zeitalter des autonomen Fahrens. Laut der McKinsey-Studie sind bereits 2020 und 2021 mehr als 30 Milliarden Euro an externen Investments in diese Technologie geflossen. Die Mehrheit der befragten Top-Manager geht davon aus, dass das autonome Fahren Level 4 auf kartografisch sehr genau erfassten Autobahnabschnitten bei einfachen Wetterbedingungen - bereits im Jahr 2024/2025 in Privat-Pkw verfügbar sein wird. Beim selbsttätigen Fahren Level 4 muss der Fahrer noch eingreifen können, beim Level 5 agiert der Robo-Pkw immer und überall autonom.

Das Pendeln wird billiger

Die Autobauer treiben das selbsttätige Fahren auch aus purem Eigennutz voran. Mit dem Einführen dieser Technologie eröffnen sich neue Geschäftsmodelle, unter anderem im Personentransport. Irgendwie muss man ja die Milliardeninvestitionen wieder reinholen. Vor diesem Hintergrund ergibt es auch Sinn, dass die Industrieexperten davon ausgehen, dass ab 2026 eine große Anzahl von Robo-Taxis auf die Straßen kommen werden. "Gerade bei den Robo-Taxen werden wir in der zweiten Hälfte der 20er-Jahre massive Fortschritte sehen - die Kosten werden zwischen 2025 und 2030 um die Hälfte fallen", verdeutlicht Kersten Heineke und ergänzt: "Robo-Taxen ersetzen vor allem das konventionelle Taxi und den privaten PKW. Der ÖPNV wird hier nur minimal kannibalisiert. Größere Fahrzeuge wie Robo-Shuttles mit mindestens sechs Sitzen haben das Potenzial, den ÖPNV zu komplettieren. Lediglich bei Bussen und Straßenbahnen kann es eine gewisse Kannibalisierung geben."

Die ersten autonomen Autos werden hauptsächlich Taxis sein (Foto: press-inform / BMW)
Martin Schmitz, Technischer Geschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) (Foto: press-inform / Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV))
McKinsey Experte Kersten Heineke (Foto: press-inform / McKinsey)
(Foto: Mercedes Group )
(Foto: press-inform / Mercedes)
(Foto: GM)

Das hat laut der McKinsey-Studie direkte Auswirkungen auf die Fahrtkosten des ÖPNV. Die Experten der Unternehmensberatung gehen davon aus, dass die Einführung dieser selbstfahrenden Vehikel die Mobilität ab 2030 für Nutzer deutlich günstiger machen als heute. Gemeinsam genutzte Robo-Taxis in Städten könnten dann pro gefahrenen Kilometer bis zu 40 Prozent preiswerter sein als die Fahrt mit einem privaten Auto. Damit lägen diese autonomen People Mover auf einem Preisniveau wie der öffentliche Personennahverkehr. Selbst ein Robo-Taxi für einen einzigen Fahrgast wäre nur noch 20 Prozent teurer als die Fahrt mit einem Privatwagen und würde nur etwa die Hälfte eines traditionellen Taxis oder Ride-Hailing-Dienste wie Uber kosten.


Beim Sprachrohr des ÖPNV stößt dieses Konzept auf Gegenliebe. "Durch autonomes Fahren können neue Mobilitätsangebote dort geschaffen werden, wo sie heute noch fehlen oder betriebs-wirtschaftlich nicht tragfähig sind. Sei es als bedarfsgesteuertes Angebot im ländlichen Raum oder als Zubringer im Linienbetrieb im suburbanen Raum", sagt Martin Schmitz, Geschäftsführer Technik beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV). Erste Versuche mit solchen People Movern laufen bereits in mehreren Städten.

(Foto: Audi)
(Foto: press-inform / Aprilli Design Studio)
(Foto: press-inform / Aprilli Design Studio)
(Foto: press-inform / Aprilli Design Studio)
(Foto: press-inform / Smart)
(Foto: press-inform / Aprilli Design Studio)

 

 

 

Autor: Wolfgang Gomoll, München  Stand: 23.02.2022
Fotos: press-inform / BMW