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Werkstattbesuch

Die Mehrheit der E-Mobilisten halten sich für Auto-Experten (Foto: press-inform / Carly)

Welche Rolle spielen Werkstätten für die deutschen Autofahrer. Eine Studie im Auftrag der Reparatur- und Wartungs-App Carly zeigt interessante Unterschiede zwischen Besitzern von Elektroautos und denen, die einen Wagen mit Verbrennungsmotor ihr eigen nennen, auf. Eine Sonderrolle nehmen die Dienstwagenfahrer ein.

Jahrzehntelang war das Automobil des Deutschen liebstes Kind. Am Samstag bildeten sich vor den Waschstraßen lange Schlangen und der Herr des Hauses brachte am Nachmittag den fahrbaren Untersatz wieder auf Vordermann. Erst wenn die Stoßstange und die Chrom-Raddeckel im Sonnenlicht strahlten, war die Welt in Ordnung. Genauso verhielt es sich mit dem Werkstattbesuch, wenn auch nur eine Schraube nicht ordnungsgemäß festgezogen war oder der Keilriemen etwas jammerte, ging es ab zum Fachmann.

BEV-Fahrer sehen sich als Auto-Experten

Wie sieht es heute aus? Ist das Verhältnis zwischen Werkstatt und Autofahrer noch so ungetrübt? Nicht ganz. Bei einer Umfrage im Auftrag der Reparatur- und Wartungs-App Carly, beklagten 21 Prozent der Autofahrer, dass in der Werkstatt bereits unnötige Reparaturen durchgeführt wurden, jeder Vierte war mit der Arbeit der Experten nicht zufrieden. Der TÜV Rheinland hat für seinen Werkstattmonitor 2021 gezielt Dienstwagenfahrer befragt und bei denen sind 94 Prozent mit den freien Werkstätten sehr zufrieden oder zufrieden, bei den Markenwerkstätten sind es 90,3 Prozent, bei den Werkstattketten 88,9 Prozent.


Was ist aus Do-it-yourself geworden? Früher war das gemeinsame Schrauben Freizeitbeschäftigung. Heute nicht mehr. Für die überwiegende Anzahl der im Auftrag von Carly befragten Autofahrer kommt es nicht infrage, selbst am Auto zu schrauben: Die Hälfte derer, die ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor besitzen, greift nie zum Schraubenschlüssel, weitere 24 Prozent nur selten. Nur wenig anders sieht es bei den Elektromobilisten aus, bei denen 41 Prozent nichts selbst machen und 31 Prozent selten Hand anlegen. Nur noch drei Prozent aller Befragten schrauben selber. Der Grund dafür ist vermutlich die komplexe Technik, die ohne teure Ausrüstung wie zum Beispiel Diagnosegeräte nicht mehr beherrscht werden kann.

Nibelungentreue

Interessant ist, dass 80 Prozent der BEV-Fahrer ihre Autokompetenz als hoch bis sehr hoch ein, bei den Verbrenner-Autofahrer sind es nur 24 Prozent. Da passt es ins Bild, dass laut der Carly-Studie nur sieben Prozent der selbst ernannten BEV-Experten stets kostenlose Überprüfungsangebote wie Lichttests nutzen und nur neun Prozent das meistens tun. Verantwortungsvoller sind die Halter von Autos mit Verbrennungsmotor, bei denen fast jeder Fünfte (19 Prozente) immer solche Angebote wahrnehmen und 23 Prozent fast immer. Noch weiter geht die Schere auseinander, wenn es um die Terminvereinbarung geht. Während jeder dritte Elektromobilist ein digitales Buchungssystem nutzt, greifen die Fahrer eines Autos mit Verbrennungsmotor (50 Prozent) zum guten alten Telefon. Der Werkstattmonitor 2021 des TÜV Rheinland fördert zutage, dass die Dienstwagenfahrer gerne auf digitale Systeme zur Terminvereinbarung bevorzugen würden, aber 88 Prozent dann doch das Telefon nutzen. Offenbar ist das Angebot der Werkstätten auf diesem Feld noch nicht so ausgeprägt.

Carly Umfrage Reparaturen (Foto: press-inform / Carly)
Carly Umfrage Terminvereinbarung (Foto: press-inform / Carly)
Kunden halten den Werkstätten die Treue (Foto: press-inform / ZDK / ProMotor / T. Volz )
(Foto: Opel)
(Foto: Vokswagen)
(Foto: press-inform / Porsche)

Bei der Termineinhaltung der Reparaturen nehmen es nicht alle Werkstätten so genau: 34 Prozent der Fahrer eines Wagens mit Verbrennungsmotor mussten bereits länger als angekündigt auf ihr Vehikel warten. Bei den BEVs sind es gar 56 Prozent. Hier könnte die Tatsache eine Rolle spielen, dass die Elektromobilität für viele noch mehr unbekanntes Territorium denn Routine ist und Schulungen nicht jedes Problem abdeckt und oft mehr Software-Spezialisten gefragt sind, denn Blaumann-Experten. Konsequenterweise hatten auch mehr als ein Drittel (34 Prozent) der Elektroautos-Besitzer nach dem Werkstattaufenthalt weiterhin mit Problemen zu kämpfen, bei den Verbrennern-Wagen sind es nur 25 Prozent.


Dennoch ist bei den Carly-Befragten die Werkstattbindung sehr ausgeprägt: Nur jeder Fünfte (21 Prozent) nutzt verschiedene Werkstätten, der Rest bleibt dem Betrieb ihrer Wahl treu. Dabei teilen sich freie Werkstätten (55 Prozent) und Vertragswerkstätten fast die Waage. Dass die freien Werkstätten hier die Nase vorne haben, liegt daran, dass die große Mehrheit der Studienteilnehmer in einem privaten Pkw unterwegs ist, bei den Dienstwagenfahrern dürfte das Verhältnis anders ausschauen, da die Wartung in Vertragswerkstätten dort vertraglich festgelegt ist.

(Foto: Mercedes)
(Foto: Mercedes)
(Foto: Audi)
(Foto: Mercedes)
(Foto: press-inform / ZDK / ProMotor / T. Volz )
(Foto: press-inform / ZDK / ProMotor / T. Volz )

Allerdings ist der Werkstattbesuch für einige Autofahrer mittlerweile ein notwendiges Übel: 14 Prozent nehmen professionelle Hilfe erst dann in Anspruch, wenn es nicht mehr anders geht und etwas wirklich repariert werden muss. Die meisten (83 Prozent) stellen das Auto nur dann ab, wenn die Hauptuntersuchung ansteht. Mehr als Dreiviertel der Befragten (76 Prozent) halten die Wartungsintervalle ein. Interessant wird es, wie die Autofahrer mit Fehlermeldungen umgehen. Lediglich 53 Prozent biegen zum Fachbetrieb ab, sobald eine Warnleuchte blinkt. Dass für die große Mehrheit (81 Prozent) das Preis-Leistung-Verhältnis besonders wichtig ist, erstaunt nicht, dagegen umso mehr, dass nur knapp die Hälfte (52 Prozent) auf Kompetenz der Werkstattmitarbeiter Wert legen.

 

 

Autor: Wolfgang Gomoll, München  Stand: 03.03.2022
Fotos: press-inform / Carly