Zudem hat der Rallye-Maestro Recht, denn dem aufgeladenen 2,5-Liter-Turbo mögen die unvergleichlichen Sechszylinder-Gene seiner Vorgänger fehlen, doch er ist das, was Röhrl so liebt: schneller und besser als bisher. Daran ändert auch nichts, dass sich kaum jemand an die einstigen Erfolge der historischen 718er-Generationen auf der Targa Fiorio oder in Le Mans erinnert. Der Boxster war und ist ein exzellenter Sportroadster, doch kein Rennwagen. Auf der Nordschleife des Nürburgrings, die Porsche ebenso wie alle anderen Sportwagenhersteller als Urmeter für Dynamik zitiert, ist der neue 718 Boxster S 16 Sekunden schneller als sein Vorgänger. Das sind Unterschiede, die Röhrl eher mit einem Kalender als einer Stoppuhr misst. Seine Jünger würden es ihm nur allzu gerne gleichtun.
Abgesehen von der allemal schmerzhaften Zylinderdezimierung und dem Namensannex hat sich mit der Modellpflege 20 Jahre nach der Premiere des Boxsters nicht allzu viel getan. Hier und da ein paar neue Akzente, geänderte Scheinwerfer und ein aufgefrischter Innenraum. Das 4,38 Meter lange Basismodell Porsche 718 Boxster bietet 300 PS und 380 Nm, 35 PS und 100 Nm mehr als der bisherige Sechszylinder. Das Topmodell 718 Boxster S bietet einen ähnlichen Nachschlag auf 350 PS und 420 Nm maximales Drehmoment. Mit dem empfehlenswerten Doppelkupplungs-Getriebe donnert der aufgeladene Mittelmotorsportler in beachtlichen 4,2 Sekunden auf Tempo 100 und beeindruckt mit 285 km/h Höchstgeschwindigkeit. Der Minderverbrauch von knapp einem Liter (7,3 zu 8,2 Liter) war den Weissachern Entwicklern scheinbar die Abkehr von den charismatischen Sechszylinder-Saugboxern wert. Zudem sind die beiden Turbotriebwerke enger denn je mit den aufgeladenen Sechszylindern der neuen 911er-Generation verwandt. Der Pilot des offenen Zweisitzers merkt den Unterschied zwischen alt und neu am meisten im unteren und mittleren Drehzahlbereich. 420 Nm stehen bereits bei 1.900 U/min zum Abruf bereit. Hier hat der Vierzylinder gerade mit den 2,5 Litern Hubraum deutlich mehr Druck und beschleunigt - wenn auch etwas blutleerer als bisher - beinahe nach Belieben. "Für den besseren Klang nutzen wir einen so genannten Sound Enhancer, um den Klang des Motors zu verstärken", ergänzt Entwickler Stefan Weckbach, "nicht um neue Frequenzen zu schaffen." Geschmacksache bleibt das künstliche Orgelspiel trotzdem - der Fahrspaß sicher nicht.
Autor: Joaquim Oliveira, Lissabon Stand: 04.04.2016
Fotos: Porsche
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- Veröffentlicht: 04. April 2016