Das muss man beim Winterreifenwechsel beachten

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VonWolfgang Gomoll

10. Oktober 2025

Sicher durch den Winter

Wer in der kalten Jahreszeit sicher unterwegs sein will, setzt auf Winterreifen. Damit die Pneus lange ihre volle Leistungsfähigkeit behalten und man nicht mit dem Gesetz in Konflikt gerät, sollte man einige Regeln beachten.

Sind Winterreifen wirklich nötig?

Ganzjahresreifen sind auf den ersten Blick verlockend. Der halbjährliche Werkstatttermin zum Wechseln entfällt, und ein zweiter Satz Pneus samt Einlagerung ist nicht nötig. Klingt nach einem guten Konzept, das auch noch Geld spart. „Ganzjahresreifen sind immer ein Kompromiss und konstruktionsbedingt meist näher am Winterreifen“, erläutert Christian Mühlhäuser, Vice President Bridgestone Central Europe. Das bedeutet: Eine weichere Mischung und ein winterorientiertes Profil führen im Sommer zu höherem Rollwiderstand, und somit zu einen höheren  Verbrauch beziehungsweise einer geringeren Reichweite bei Elektrofahrzeugen. Das hat auch eine kürzere Laufleistung durch stärkeren Abrieb sowie spürbare Nachteile bei Lenkpräzision und Bremswegen zur Folge – besonders bei schweren, leistungsstarken Pkw, SUVs und Vans.

Wer viel und schnell auf Autobahnen oder häufig in Hitzeperioden unterwegs ist, fährt mit der Kombination aus Sommer- und Winterreifen sicherer und wirtschaftlicher. Ganzjahresreifen eignen sich, wenn man hauptsächlich in der Stadt unterwegs ist, nicht in den Bergen wohnt, das Auto kein Kilometerfresser ist und man die Option hat, es bei Extremwetter auch mal stehen zu lassen. Für den Winterurlaub oder lange Südeuropa-Touren sind Spezialreifen klar im Vorteil. Wer dennoch auf Ganzjahresreifen setzt, sollte die Rechtslage im Zielland beachten. In Österreich gilt während der Winterreifenpflicht für Pkw bis 3,5 Tonnen eine Mindestprofiltiefe von 4 Millimetern (Radialreifen) und 5 Millimetern (Diagonalreifen). In Italien dürfen vom 16. Mai bis 14. Oktober Winter- oder Ganzjahresreifen nur genutzt werden, wenn ihr Geschwindigkeitsindex mindestens dem in der Zulassung eingetragenen entspricht. Die Herabstufung auf einen geringeren Geschwindigkeitsindex ist nur im Winterzeitraum vom 15. November bis 15. April erlaubt (Umrüstfrist bis 15. Mai).

Wann muss man Winterreifen aufziehen?

In Deutschland gilt keine starre Winterreifenpflicht, sondern eine situative. Das heißt, dass man bei winterlichen Straßenverhältnissen mit den passenden Reifen unterwegs sein muss. In Paragraf 2 Absatz 3a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVO) sind ausdrücklich „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte“ genannt. Wer bei solchen Bedingungen die falschen Pneus aufgezogen hat, wird zur Kasse gebeten. Bestenfalls. Verstöße kosten aktuell 60 Euro, liegt eine Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer vor, sind es 80 Euro und ein Punkt. Halter zahlen 75 Euro (ebenfalls einen Punkt). Ausnahmen gibt es unter anderem für einspurige Fahrzeuge (Motorräder), Land-/Forstfahrzeuge oder spezielle Einsatzfahrzeuge.

Alter prüfen – Winterreifen altern „spürbarer“

Reifen sind Gummiprodukte. Das bedeutet: Sie härten mit der Zeit aus und verlieren dadurch Haftung, besonders bei Kälte. Dies ist vor allem bei Winterreifen relevant, da ihre Mischung weicher ist, damit sie bei niedrigen Temperaturen in den Schnee greifen können. Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, weiß, dass Gummi mit der Zeit hart und porös wird. Bei einem Reifen, der auf elastischem Kautschuk basiert, ist das Aushärten fatal. Ab etwa sechs Jahren lassen die Wintereigenschaften messbar nach. Der ADAC rät davon ab, Winterreifen zu nutzen, die älter als acht Jahre sind, selbst wenn noch ausreichend Profil vorhanden ist. Das bedeutet: Spätestens ab acht Jahren sollte ein Winterreifensatz aus Sicherheitsgründen ersetzt werden.

Das Alter liest man an der DOT-Nummer auf der Flanke ab: Der vierstellige Block nennt die Produktionswoche und das Herstellungsjahr des Reifens. Beispiel: „4924“ steht für Kalenderwoche 49 im Jahr 2024. Beim Kauf von Winterreifen empfiehlt der ADAC, Neureifen zu wählen, die beim Kauf nicht älter als zwei Jahre sind. Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk (BRV) bezeichnet bis zu drei Jahre alte, fachgerecht gelagerte Reifen als „fabrikneu“ und bis zu fünf Jahre alte als „neu“. Das heißt, die Reifen sind zwar montierbar, haben aber eine kürzere verbleibende Lebensdauer. Für die Tempo-100-Zulassung gilt speziell: Die Reifen des Anhängers müssen zum Zeitpunkt der Fahrt jünger als sechs Jahre sein und mindestens die Geschwindigkeitskategorie „L“ (≥ 120 km/h) tragen. 

Deshalb sollte man sich beim Online-Kauf immer den Produktionszeitpunkt des Reifens bestätigen lassen Am besten mit einem Bild. Ist der Pneu da, kommt man um eine Prüfung des Zustands nicht herum. Weist der Gummi des Reifen Risse oder Mikrofurchen auf, fühlt sich der Kautschuk „hölzern“ an und es treten während der Fahrt Vibrationen sowie ungleichmäßiger Abrieb auf, sollte man dringend über einen Wechsel nachdenken.

Das EU-Label richtig lesen – speziell bei Winterreifen

Seit 2021 zeigt das neue EU-Reifenlabel die Klassen A bis E für Energieeffizienz (Rollwiderstand) und Nasshaftung sowie das Außengeräusch in dB plus eine Indikation des Wertes in der A/B/C-Klasse. Bei Winterreifen kommen zwei wichtige Piktogramme hinzu: der Schnee-Grip mit dem bereits erwähnten „Alpine“-Symbol (3PMSF) und das Eis-Grip-Piktogramm. Letzteres ist nur für nordische, sehr weiche Winterreifen relevant und in Mitteleuropa nicht von Bedeutung. Rechts oben befindet sich ein QR-Code, der direkt in die EPREL-Datenbank mit den offiziellen Produktdaten führt.

Energieeffizienz (A–E): Je niedriger der Rollwiderstand, desto geringer ist der Verbrauch beziehungsweise der Strombedarf. Der Unterschied von A zu E liegt laut dem ADAC bei rund 0,5 Liter pro 100 Kilometer beziehungsweise bei circa 7,5 Prozent. Bei Elektroautos wirkt sich das in mehr Reichweite aus.

Gerade bei Winterreifen ist die Nasshaftung wichtig (A–E): Wie der Name schon sagt, wird dabei das Bremsen auf nasser Fahrbahn gemessen. Zwischen A und E können bei einer Vollbremsung aus 80 km/h bis zu 18 Meter Bremsweg liegen.

Außengeräusch (dB & A/B/C): Das Label zeigt den exakten dB-Wert (Dezibel) und eine Klasse an.

A = der gemessene Wert liegt mehr als 3 dB unter dem für diesen Reifen geltenden Grenzwert (LV).

B = der Wert liegt zwischen 0 und 3 dB unter dem Grenzwert.

C = oberhalb des Grenzwerts (in der Praxis bei Pkw-Reifen kaum vertreten, nur bei wenigen Sonderkategorien).

Ein weiterer Hinweis zur Nachhaltigkeit: Bitte entfernen Sie die EU-Label-Aufkleber von den Reifen, auch wenn es bequemer wäre, sie draufzulassen. Diese reiben sich während der Fahrt ab und das zerriebene Material gelangt in die Umwelt.

Sonderregelung beim Geschwindigkeits-Index

Bei Winter- und Ganzjahresreifen darf der Geschwindigkeitsindex unter der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs liegen. Allerdings nur, wenn der Fahrer deutlich auf die reduzierte Reifengeschwindigkeit hingewiesen wird. Das kann ein Aufkleber im Sichtfeld oder eine Anzeige auf dem Instrumenten Display beziehungsweise eine elektronische Begrenzung im Fahrzeug erfolgen. Dies ist in Paragraf 36 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geregelt. Einfach ausgedrückt: Man darf nur so schnell fahren, wie es der Reifen erlaubt.

Diese Vorschrift ergibt durchaus Sinn, da das Profil der Winterreifen weicher ist, um sich auch bei Kälte in den Schnee zu graben. Deshalb erhitzen sich die Profilblöcke schneller, wenn man flott unterwegs ist. Also kann bei sich bei einer dauerhaften Überschreitung des Geschwindigkeitsindexes die Lauffläche von der Karkasse (dem Reifenunterbau) lösen. Der Geschwindigkeitsindex befindet sich an der Flanke und wird als Buchstabe angegeben. Hier sind die Werte: N bis 140 km/h, Q bis 160 km/h, R bis 170 km/h, S bis 180 km/h, T bis 190 km/h, H bis 210 km/h, V bis 240 km/h, W bis 270 km/h, Y bis 300 km/h, ZR (Y) über 300 km/h.

Wieviel Profil? Bei den Winterreifen gibt es eine Diskrepanz zwischen gesetzlichen Vorschriften und Praxiserfahrungen. Rein rechtlich genügt bei Pkw-Reifen eine Mindestprofiltiefe von 1,6 mm. Für den Winterbetrieb ist das jedoch zu wenig: Der BRV und der ADAC raten, Winter- und Ganzjahresreifen spätestens bei einer Restprofiltiefe von 4 mm zu ersetzen. Der Grund: Mit abnehmendem Profil verlieren die Lamellen ihre Bisskanten, sodass Wasser und Schneematsch schlechter verdrängt werden. Die Folgen: Bremswege werden länger, Aquaplaning setzt früher ein, und die Traktion am Berg nimmt deutlich ab. . In Versuchen hat der ADAC nachgewiesen, dass ein Reifen mit deutlich verringerter Profiltiefe (2,0 bis 2,5 mm) auf Schnee merklich längere Bremswege hat und früher aufschwimmt als ein Neureifen. Wer keinen Profiltiefenmesser hat, kann eine 1-Euro-Münze nutzen (der Goldrand ist rund 3 mm hoch). Dies dient jedoch nur als grobe Orientierung, entscheidend ist das genaue Messen. 

Was die Faustregeln wirklich taugen Wenn es um den Wechsel auf Winterreifen geht, werden Fahrschülern zwei Merksätze eingebläut: Oktober bis Ostern und die 7-Grad-Regel. Beide sind Faustregeln, aber keine Gesetze. Der TÜV Thüringen stellt die 7-Grad-Weisheit ausdrücklich in Frage: „Moderne Sommerreifen können bei trockenen Bedingungen, aber durchaus auch bei Nässe noch knapp über dem Gefrierpunkt Vorteile hinsichtlich Traktion und Bremsverhalten gegenüber Winterreifen haben.“ Das ist kein Freifahrtschein. Bei sehr kalten, nassen Bedingungen (etwa 0 bis 2 °C) verlieren Sommerreifen spürbar an Performance. Ganzjahres- oder Winterreifen schneiden dann oft besser ab. Auf Schnee und Eis sind Winterreifen immer die erste Wahl. Der ADAC empfiehlt, den Wechsel an dauerhaft sinkende Temperaturen und die konkrete Wetterlage zu knüpfen und sich nicht stur am Kalender zu orientieren. Im Klartext: Wenn die Temperaturen dauerhaft unter 7 °C liegen und morgens mit Frost oder Schneematsch zu rechnen ist, ist es Zeit für Winterräder.

Keine Mischbereifung – was gesetzlich erlaubt ist und was sicher ist

Sommer- und Winterreifen zu mischen, ist bei winterlichen Straßenverhältnissen unzulässig – alle Räder müssen dann mit wintertauglichen Reifen (3PMSF) ausgerüstet sein. Ebenso verboten ist das Mischen von Radial- und Diagonalreifen auf einer Achse. Heutzutage sind Diagonale Reifen jedoch kaum noch im Einsatz. Für moderne Fahrzeuge sind fast ausschließlich Radialreifen zugelassen. Das Mischen verschiedener Marken, Modelle oder Profilarten ist zwar erlaubt, aber nicht empfehlenswert, da sich dadurch die Fahrstabilität, der Kurvenhalt und der Nassgriff verschlechtern. Außerdem sollten der Last- und der Geschwindigkeitsindex mindestens den Fahrzeugvorgaben entsprechen und achsweise identisch sein. Es ist sinnvoll, achsweise identische Reifen zu fahren. Unabhängig von der Wahl gilt: Regelmäßig den Reifendruck und das Profil prüfen, die Reifen achsweise rotieren und auswuchten – das erhält Sicherheit, Komfort und Laufleistung.

Checkliste vor dem Wechsel

1. Wichtig: die Reifentemperatur:

Beim Umrüsten herrschen oft niedrige Temperaturen. Das ist nicht ideal, da es sich mit kaltem Gummi nicht gut arbeiten lässt. Zudem sind die Reifen dann anfälliger für Schäden, etwa durch eine Schramme in der Felge. Die Reifen sollten also nicht draußen vor den Toren gelagert werden, da sie hier zu stark auskühlen. Vor der Montage sollten die Pneus auf eine Mindestkerntemperatur von 15 Grad gebracht werden, besser sind 20 bis 25 Grad. Sie sollten jedoch nicht an die Heizung angelehnt werden, da eine punktuelle Erwärmung nur schadet.

2. Zustand checken: Profiltiefe, Schäden und Alter

3. Laufrichtungsgebunden: Der Pfeil „Rotation“ muss nach vorn zeigen.

4. Bei Reifen mit asymmetrischem Profil auf die Aufschrift „Inside“ und „Outside“ achten.

5. Werkzeug bereitlegen: – Wagenheber

  • Unterstellböcke
  • Radkreuz
  • Drehmomentschlüssel
  • Drahtbürste
  • gegebenenfalls das Felgenschloss

Welcher Luftdruck bei Winterreifen?

Eine Faustregel lautet: Kälte frisst Druck. Oder genauer: Pro 10 °C weniger Außen­temperatur verliert ein Reifen ungefähr 0,07 bis 0,14 bar (1 bis 2 psi). Da im Winter die Temperaturen öfters schwanken, sollte man den Luftdruck öfters prüfen, besonders bei Wetterwechseln und Höhenunterschieden (Berge!). Also ergibt es Sinn, einen Puffer einzurichten. Der ADAC und einige Hersteller halten +0,1 bis +0,2 bar über dem Mindestwert für unkritisch beziehungsweise empfehlenswert. Diese Steigerung kompensiert Kälte- und Diffusionsverluste, senkt den Verbrauch leicht und beeinträchtigt den Komfort kaum. Ideal ist es, den Druck in der Garage bei wärmeren Temperaturen einzustellen und später bei Kälte nachzujustieren.

Wie lagert man Winterreifen?

Vor der Lagerung den Pneu gründlich reinigen und vor allem die Felge vollständig trocknen. Feuchtigkeit und Schmutz beschleunigen die Alterung beziehungsweise die Korrosion. Bei Kompletträdern den Luftdruck vor dem Einlagern um rund 0,5 bar erhöhen. Die Räder am besten kühl, dunkel, trocken und gut belüftet aufbewahren. Direkte Sonneneinstrahlung und starke Temperaturschwankungen vermeiden. Ideal ist der Keller oder ein klimatisierter Raum. Die Garage oder der beliebte Schuppen eignen sich nur, wenn diese trocken und temperaturstabil sind. Ideal ist eine Temperatur von rund 15 °C. Zudem sollten hohe Luftfeuchtigkeit und Kondenswasser vermieden werden. Die Reifen nicht in der Nähe von Ozon- und Wärmequellen, wie Elektromotoren, Heizungen, oder Generatoren deponieren. Auch Chemikalien, Lösemittel oder Öle vermeiden. Beides lässt Gummi vorzeitig altern. Kompletträder (mit Felge) waagerecht oder hängend lagern. Übereinander stapeln ist auch möglich, kann aber Felgen rosten lassen. Der Grund: Sobald Felge auf Felge liegt, kann sich Feuchtigkeit (Restwasser nach dem Reinigen, Kondenswasser, Luftfeuchtigkeit) zwischen den Auflageflächen stauen. In Kombination mit Bremsstaub oder Straßensalz wirkt dies wie ein Elektrolyt, welches zu Korrosion führen kann. Ein wirksames Mittel dagegen sind Papp-Zwischenlagen. Reifen ohne Felge bitte hochkant stehend lagern und alle paar Monate etwas drehen, damit sich keine Standplatten bilden. Gegen einen Staubschutz ist nichts einzuwenden (Reifen- oder Müllsäcke). Die Pneus jedoch nicht luftdicht einschweißen, wenn die Temperatur im Lagerraum schwankt, da sich sonst Feuchtigkeit staut und der gegenteilige Effekt eintritt.

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