An der Bushaltestelle mit Namen "Planet Hollywood Hotel and Casino" befindet sich einer der Fahrkartenautomaten. Das Ticket kostet für zwei Stunden sechs Dollar; für 24 Stunden sind es gerade einmal zwei Dollar mehr. Doch mit dem allseits beliebten RTC Transit Pass lässt sich heute Nacht nichts anfangen, denn der Zukunfts-Mercedes verkehrt kostenlos. Jetzt, wo die gigantische LED-Wand gegenüber den Auftritt eines namenlosen Comedians bewirbt und zwei Streifenwagen aus dem Aria-Einfahrt herüberrollen, funktioniert die Jungfernfahrt ohne Ticketkauf. Anhalten, Tür öffnen, Einsteigen, Tür zu und weiter geht es Richtung Norden. Rund um die illuminierte Dachluke informiert in dem Fahrzeug ein LED-Band über die Sehenswürdigkeiten der direkten Umgebung. Bellagio, Aria, Paris und Treasure Island - wir sind schließlich in Las Vegas unterwegs - und das eben nachts um kurz nach halb drei. Ein Dutzend Personen hätten in dem People Mover an sich Platz - doch jetzt rollt das Ei des mobilen Zukunfts-Columbus mit gerade einmal zwei Personen nahezu lautlos den leerer werdenden Strip hinauf. Man sitzt bequem auf dem roten Pseudo-Sofa und genießt den Ausblick. Langsam setzt sich das Elektrogefährt in Bewegung und überholt lautlos ein Taxi, das hell blinkend die nahe gelegene Avenger Station bewirbt, die im Treaure Island Casino eine der Publikumsattraktionen darstellt.
Personen- oder Gütertransport
Doch die eigentlich Schau ist in dieser Nacht der elektrisch surrende Urbanetic, den Mercedes so autonom wie er fährt, nur allzu gerne in Serie bringen würde. Ob und wann - daran wird derzeit gewerkelt. Sein Wechselkonzept mit einer variablen Kabine macht das ganze Projekt teuer. "Daher ist das aktuell nicht gesetzt", erläutert Thomas Moser. Mit seiner Konzeptstudie will Mercedes zeigen, wie Waren, Güter und Personen vollautonom und ohne Fahrer in Städten transportiert werden könnten. Technische Basis für die zukünftigen Transporte ist dabei ein überdimensionales Skateboard, das sich durch wenige Handgriffe mit einem Cargo- oder einem Personenmodul bestücken lässt und auf einem Mercedes eVito basiert. Das Skateboard selbst trägt dabei in seinem Flachboden nicht nur das Batteriepaket, sondern auch den Antrieb und die gesamte Technik, die für den sicheren Transport benötigt wird. Gesteuert wird das Modul dabei aus einer Zentrale, während eine Vielzahl von Sensoren und Kameras dafür sorgt, dass der Mercedes Vision Urbanetic im harten Verkehrsalltag nirgendwo aneckt.
"Beim Vision Urbanetic handelt es sich um ein völlig neues Mobilitätskonzept, das konsequent auf die tatsächlichen Bedarfe sowie auf Effizienz und Nachhaltigkeit ausgelegt ist", erklärt Gerd Reichenbach, Leitung Strategie bei Mercedes Vans, "frühmorgens und am späteren Nachmittag im Berufsverkehr kann die Flotte verstärkt mit dem People Mover bestückt werden. In anderen Zeiten könnte das System mit einem Cargomodul für den Warentransport genutzt werden. Aufgrund des nahezu lautlosen Elektroantriebs eröffnet das System zusätzliche Optionen für die Spät- oder Nachtanlieferung." Mit dem aerodynamisch geformten Personenmodul wie hier in Las Vegas aufgerüstet, kann der Vision Urbanetic in seiner Kapsel bis zu zwölf Personen, teils sitzend teils stehend, befördern. Denkbar wäre unter anderen ein Einsatz als Ruftaxi, bei Busunternehmen oder Ridesharing-Firmen. Die Personen müssten sich im Citybereich bei Geschwindigkeiten bis 60 km/h noch nicht einmal anschnallen.
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- Veröffentlicht: 09. Januar 2019