Dabei ist der Mercedes AMG GT C gerade als Roadsterversion kein kompromissloser Tempobolzer, der nach engen Kurvenradien schreit und Beschleunigungsorgien sucht. Trotz der Leistungsspritze auf 410 kW / 557 PS und 680 Nm maximales Drehmoment kann der Doppelsitzer, auf den zweiten Blick an ausgestellten Backen und Schwellerornat zu erkennen, problemlos den lässigen Cruiser mimen. Dabei ist er einer, mit dem man sich im Zweikampf nicht anlegen sollte. Lässt man die Zügel hängen, ist der offene GT mit dem irritierenden Buchstabenannex ein besserer Mercedes SL. Nicht derart komfortabel; aber eben das zeitgemäße Paket eines Edelkreuzers, der das Zeug zum offenen Launebär hat. Natürlich kann man dessen Sinne auf Knopfdruck beliebig schärfen. Aus dem Komfortmodus (ebenfalls mit C statt K auf dem Bordmonitor verewigt), springt der Mercedes AMG GT Roadster in Bruchteilen einer Sekunde in das Sportprogramm oder wechselt gar in den etwas zu nervösen Sport+-Modus. Doch derlei Fingerüberübungen kann man sich an dem allzu breiten und wenig filigranen Mitteltunnel sparen. Ein Druck auf das rechte Pedal und es vorbei mit dem lässigen Gleiten. Der rund 1,8 Tonnen gewaltige Schwerenöter springt nach vorn, als wäre es um Leben und Tod gehen.
Die Nummer kleiner reicht
Die fetten 305er-Walzen verzahnen sich mit dem Asphalt, die Kurbelwelle es aufgeladenen Vierliter-V8 vollbringt Höchstleistungen und dem Fahrer entgleiten die Gesichtszüge. Das maximale Drehmoment von 680 Nm liegt stetig zwischen 1.900 und 5.750 U/min an und so wundert es nicht, dass der Kraftprotz aus dem Stand in 3,7 Sekunden auf Tempo 100 stürmen könnte und sein Fortkommen erst bei 316 km/h einstellt. Dazu gibt es den brachialen Sound aus der serienmäßig verbauten Sportauspuffanlage, die trotz sonorer Bässe nicht so recht süchtig machen kann.
So prächtig die Fahrleistungen des Affalterbachers auch sind und so wild die Bässe auch wummern; man spürt trotz der 557 PS nicht erst bei Höchstdrehzahlen, dass der aufgeladene Achtzylinder nur über vier Liter Hubraum verfügt. Ein, eineinhalb oder gar die phantastischen zweikommazwei Liter Hubraumplus vergangener Modelle lassen sich auf dem Papier durch eine eindrucksvolle Zahlenkolonne übertünchen - hinter dem Steuer mag das nicht vollends gelingen. Der Mercedes AMG GT C ist trotz des Leistungsnachschlages kein perfekter Kurvenjäger. Dafür ist sein Gewicht zu groß, die Last insbesondere auf der Vorderachse schmerzhaft spürbar und der Hubraum mehr als eine Spur zu klein. Das ändert nichts an den beeindruckenden Qualitäten, die der Wochenendbolide offen wie geschlossen seinen maximal zwei Insassen offeriert. Doch wer vor dem Kauf ernsthaft in den Spiegel schaut, merkt schnell, dass für den AMG Roadster der 476 PS starke Einstiegsmodell für 129.180 Euro mehr als ausreichend ist. Das Dynamikplus, das Mehrleistung, Vierradlenkung und elektronisch gesteuertes Hinterachsdifferenzial liefern, ist für die offene Versuchung kaum nötig. Dass der 476-PS-Roadster im Vergleich zum hohen C mit 9,4 Litern zwei Litern weniger verbraucht, fällt dagegen bei keinem der ohnehin wohl betuchten Kunden mit Sonnenanbeterneigung ins Gewicht.
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- Veröffentlicht: 29. März 2017