Die 96. Auflage des Pikes Peak International Hill Climb war mehr als das spektakulärste Bergrennen der Welt. Es war ein Rennen neue gegen alte Welt, automobiles morgen gegen das allzu bekannte gestern, alternative Antriebsvision gegen Echtzeit. Am Ende wurde es nach exakt 7.57.148 Minuten eine grandiose Rekordfahrt für Romain Dumas und viel mehr als irgendein Rennerfolg für Volkswagen. Denn eines war bereits im Vorfeld klar: Volkswagen wollte mit einem Triumph nicht weniger als die Automobilwelt auf den Kopf stellen. Auch wenn das Team um VW-Motorsportdirektor Sven Smeets vor dem Start noch allzu tiefgestapelt hatte und sich offiziell nur zum Ziel gesetzt hatte, den Rekord für Elektrofahrzeuge zu unterbieten. Hinter den Kulissen stand nicht allein der Elektrorekord von 8:57.118 Minuten für die 20 Kilometer lange Strecke auf dem Masterplan. Das schwerste, spektakulärste und älteste Bergrennen der Welt sollte erstmals nicht nur von einem Elektroauto gewonnen werden, sondern es galt, mindestens die einzigartigen 8.13.878 Minuten von 2013 zu knacken, mit denen der neunmalige Rallyeweltmeister Sebastien Loeb in einem Peugeot-Rennwagen einen Bestwert gesetzt hatte, an dem sich bisher alle die Zähne ausgebissen hatten. Wenn alles klappte, hatten Berechnungen eine Zeit zwischen 7:48 und knapp 8:00 Minuten ergeben, die Pikes-Peak-Experte Romain Dumas in einem IW I.D. R trotz leichter Probleme bei Sicht und dem Anbremsen einiger Kurven unter großem Jubel erreichte.
Die Luft wird dünn
Der Pikes Peak und sein Bergrennen er Pikes Peak International Hill Climb ist ein Berg der Legenden. Das Wetter auf der Bergpiste lässt sich kaum vorhersagen. Strahlende Sonne, kühler Wind, Eisregen, Hagel und Nebel - alles das hat es schon auf den 20 Kilometern hinauf zum Pikes Peak gegeben. Bis heute ist der Sieg von Walter Röhrl in einem dauerdriftenden Audi Quattro unvergessen, letztmals auf einer nur teilweile asphaltierten Strecke. Beinahe hätte Jochi Kleint in einem von zwei Motoren angetriebenen VW Golf Röhrl noch abgefangen, doch der 380 PS starke Bimotor-Golf bliebt kurz vor dem Ziel liegen. Unvergessen die zahllosen Siege der amerikanischen Unser-Rennfamilie oder Nobuhiro Tajima, der 2011 erstmals unter der Neun-Minuten-Marke blieb. Nach der Rekordfahrt von Sebastien Loeb lieferten sich Rhys Millen, Nobuhiro Tajima, Paul Dallenbach und eben Romain Dumas harte Kopf-an-Kopf-Rennen. "Die Strecke erinnert mich an die Nordschleife des Nürburgrings. Aber sie ist gefährlicher", so Romain Dumas, der das Rennen bereits 2014, 2016 und 2016 jeweils in einem Norma RD Limited gewinnen konnte.
Diesmal also ein Sieg in einem Elektroauto für Dumas. Eine 5,20 Meter lange Rennflunder, deren knapp 1.100 Kilogramm Renngewicht vom Abtrieb noch übertroffen werden. 500 kW / 680 PS und 650 Nm maximales Drehmoment sorgen für eine spektakuläre Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,25 Sekunden. Wichtiger als die Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h ist der Elektroantrieb, denn die Verbrennungsmotoren verlieren beim Hill Climb nahe Colorado Springs gigantisch an Leistung. Beim Start in 2.862 Metern Seehöhe haben die Verbrennungsmotoren kaum mehr als 70 Prozent ihrer Nominalleistung. Am Ziel in mehr als 4.300 Metern sind es nicht einmal mehr 60 Prozent. Kein Problem für die Elektromotoren, die keine Luft verdichten müssen, um ihre Leistung zu generieren. "Natürlich beeinflusst die dünne Luft auch bei uns das Verhalten der Aerodynamik, der Reifen und der Bremsen", so Sven Smeets, "aber wir haben immer unsere volle Motorleistung."
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- Veröffentlicht: 24. Juni 2018