Anders als adaptive Fahrwerke, die nur reagieren, wenn sich der Dämpfer bewegt, ist das ZF-Fahrwerk aktiv. Die Sensorik, wie zum Beispiel der Radbeschleunigungs-Sensor, wird von den herkömmlichen Fahrwerken übernommen. Der Kniff der sMotion-Technik ist die Software, die diese Signale innerhalb von Sekundenbruchteilen verarbeitet und blitzschnell eine Gegenaktion einleitet - unterm Strich beträgt die Reaktionszeit des Systems lediglich zwei Millisekunden. Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag dauert rund 0,15 Sekunden. Damit das gelingt, ist an jedem Rad eine kompakte, außenliegende Elektromotor-Pumpen-Einheit mit integrierter Elektronik, die als bidirektionaler Steller arbeitet, angebracht. Also kann das System jedes Rad einzeln unabhängig von den anderen dreien, sowohl nach oben ziehen als auch nach unten drücken und so eine wirksame Gegenaktion initiieren. Damit wird die Auf- und Abbewegungen der Karosserie genauso eliminiert, wie das Wanken, Rollen oder Einnicken. Das Ergebnis zeigt sich nicht nur bei Unebenheiten, Schlaglöchern oder Bodenwellen, sondern auch bei schnellen Richtungswechseln oder Kurven. Per Knopfdruck verwandelt sich die rollende Sänfte in einen reißenden Straßenwolf. Der Fahrzeugaufbau bleibt auch bei forcierter Fahrt stoisch ruhig und waagrecht. Ganz ausgereift ist der Fahrwerks-Alleskönner noch nicht. Das Fahrverhalten ist bisweilen synthetisch und die Gegenbewegungen des Systems etwas ungeschmeidig.
Günstig und effizient
Das System arbeitet quasi auf Zuruf, das bedeutet, das nur Energie benötigt wird, wenn das Fahrwerk arbeitet. Die Effizienz ist so gut, dass damit die aktive elektrische Wankstabilisierung überflüssig wird, auch ein Stabilisator ist nicht zwingend nötig, aber aus Sicherheitsgründen, falls das System mal ausfällt, zu empfehlen. Jede der vier Einheiten wiegt rund zwei Kilogramm und arbeitet mit etwa 2,5 Kilowatt Energie. Allerdings wird für den Betrieb ein 48 Volt Bordnetzt benötigt.
ZFs sMotion ähnelt dem Fahrwerk, das Daimler beim neuen GLE vorstellen wird, soll aber günstiger sein und ist für alle Fahrzeuggattungen geeignet, da es mit allen Achsvarianten eingesetzt werden kann. Dennoch werden Kleinwagen wohl nicht als Erstes in den Genuss der neuen Technik kommen. Laut ZF sind einige Autobauer an der Technik interessiert. Zaubern kann aber auch diese Technik nicht, mit der Länge des Federwegs wird auch das Potential der Abmilderung beeinflusst. "SUVs werden im besonderen Maße von unserem System profitieren"; sagt Sven Greger. Allerdings ist der Komfortgewinn nicht das einzige Einsatzgebiet des ZF sMotion-Fahrwerks. "Mit diesem System kann die Charakteristik des Fahrzeugs grundlegend verändert werden", freut sich Entwickler Greger. Also kann ein Fronttriebler auch mal übersteuern, damit wird die Spreizung der Fahrmodi auch deutlich ausgeprägter sein, als das aktuell der Fall ist.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 04. Oktober 2018