Dabei halten sich seine sportlichen Tugenden an sich im Rahmen. Viel Motorleistung hat er, aber die schnelle Gangart auf kurvigen Straßen ist seine Sache nicht. Dafür sind die Nick- und Wankbewegungen allzu störend und die leichtgängige Lenkung bietet nicht viel Rückmeldung von der Fahrbahnoberfläche. Kann man sich dran gewöhnen und ist beim Einparken außerhalb der Einparkautomatik recht praktisch; passt aber selbst für einen SUV nicht zu einer ambitionierten Gangart. Dabei will der Nio ES8 mit seiner betont komfortablen Luftfederung ohnehin kein Sportler sein, er will Souveränität ausstrahlen und die mag man ihm weder optisch oder noch technisch absprechen. Denn wer einmal kurz auf der Landstraße überholen will, weiß die 652 PS und 840 Nm trotz des üppigen Leergewichts sehr zu schätzen. Doch bei einem Elektro-SUV wie dem Nio ES8 geht es um mehr als Fahrleistungen. Natürlich sind die maximale Reichweite und die Ladezeiten ein Thema. Die Reichweite von rund 350 Kilometern schafft der Nio in jedem Fall; zumindest wenn man nicht im gashungrigen Sportmodus unterwegs ist. Etwas aufpassen sollte man in engen Autobahnbaustellen, denn mit ausgeklappten Außenspiegeln ist der an sich zwei Meter breite Chinese dann ausladende 2,26 Meter breit - da kann es neben einem Brummi schon einmal eng werden.
Luxusausstattung zum fairen Preis
In Sachen Ladezeit liefert dieser Praxistest nur unbefriedigende Ergebnisse, denn da es sich um ein reiches China-Modell mit entsprechendem Ladepaket handelt, braucht man einen Poweradapter, mit dem man in unseren Breiten an den Ladesäulen überhaupt nachtanken kann. So dauert es eine gefühlte Ewigkeit, ehe der mit 70 kWh ohnehin nicht allzu große Lithium-Ionen-Akku wieder nennenswert erstarkt ist. Je nach Ladesäule holte der Nio ES8 in rund eineinhalb Stunden nur zwischen 20 und knapp 50 Kilometern Reichweite wieder herein. Für den Alltagsbetrieb indiskutabel, doch mit einer europäischen Konfiguration sollte das Akkupaket im Boden in einer Stunde wieder auf hundert Prozent geladen sein. An der linken Seite des Fahrzeugs gibt es einen AC-Ladeanschluss für 220 Volt mit 32 Ampere und auf der Beifahrerseite einen DC-Stecker für 200 bis 420 Volt und 1 bis 216 Ampere.
Doch abgesehen von den chinesischen Lademodalitäten, einer gefühlt mäßigen Rekuperationsleistung und dem allzu wankfreudigen Fahrwerk kann man dem Nio ES8 nicht viel vorwerfen; insbesondere nicht dem 72.000 Euro teuren Topmodell in der Founders Version. Denn mit der Luxusausstattung fällt es schwer, zu bemängelnde Lücken in der Ausstattungsliste zu finden. Klimatisierte Nappaledersitze mit Massagefunktion und Liegesessel auf der Beifahrerseite, Panoramadach, LED-Licht, vernetzte Navigation, Dämmglas, Nomi-Sprachbediensystem, elektrische Heckklappe, zwölf Boxen sowie die Pilot Funktion mit zahlreichen Assistenzmodulen. Da fehlt selbst für verwöhnte Kunden kaum etwas - so viel Auto für 72.000 Euro - davon würden Kunden eines Mercedes EQC, Tesla Model X oder Audi E-Tron träumen.
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- Veröffentlicht: 05. September 2019