Das eigentliche Highlight des Wagens schlummert jedoch unter der Haube. Der 3,5 Liter große V8-Motor kam 1969 als Neuentwicklung an Bord und leistete 147 kW / 200 PS bei 5.800 Umdrehungen. Auch nach fünf Jahrzehnten kann der Achtzylinder allemal seine Insassen beeindrucken. Mit stoischer Ruhe gleitet der Wagen wie ein Kreuzfahrtschiff über die Straße, der Stern auf der Haube geht als Lotse voran. Der hydropneumatische Niveau-Ausgleich an der Hinterachse bügelt alle Unebenheiten glatt wie ein beflissener Diener die Falten am Anzug seines Herrn. Die Viergang-Automatik schaltet dabei so weich, dass sie sich selbst hinter manchen modernen Automaten nicht verstecken muss. Beim Tritt aufs Gaspedal aber stürmt der 1,7 Tonnen schwere Wagen mit Wucht voran, nur rund zehn Sekunden vergehen für den Spurt von 0 auf 100 km/h. Der hübsch gezeichnete Tachometer mit seiner Skala bis 240 ist auch nur milde übertrieben, denn die Höchstgeschwindigkeit des Cabrios liegt bei 210 km/h. Der Durchschnittsverbrauch von 19,5 Litern pro 100 Kilometer dürfte keinen der wohl betuchten Piloten dabei sonderlich gestört haben.
700.000 Euro für eine Neuauflage
Der große Benz fuhr jedoch nicht nur in Sachen Leistung und Fahrkomfort im Cabrio-Segment ganz vorne mit. Dreipunktgurte, Knautschzonen, Scheibenbremsen rundum und die Keilzapfen-Türschlösser versprachen ein für damalige Zeiten beachtliches Sicherheitsniveau. Die steil aufragende Scheibe ist auch ohne Windschott ein solider Windschutz, auch wenn Aerodynamiker dabei wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Im Innern gibt es neben weichem Leder, Radio mit elektrischer Antenne und Holzdekor allerhand Luxuszierrat, wie es wohl nur ein Modell der 70er Jahre tragen kann.
In den letzten Jahren sind die Preise für die Flachkühler - und hier speziell für das Topmodell Mercedes 280 SE 3.5 - wahrhaft durch die Decke gegangen. Mercedes bietet ein frisch restauriertes Modell aus dem Baujahr 1970 mit gerade einmal 600 Kilometern auf dem Tacho für stattliche 699.490 Euro in seiner All-Time-Stars-Börse an. Bei der Auslieferung hatte der 3.5er Dank einiger Sonderausstattungen immerhin 35.361 D-Mark gekostet - inklusiv des optionalen Automatikgetriebes und der sehenswerten Lackierung in dunkelrotbrauch (Farbcode 460). Wer dieses Traumcabrio lieber in schmuckem silbermetallic bewegen möchte, bekommt an gleicher Stelle ein ebenfalls komplett restauriertes Fahrzeug für 691.890 Euro. Im gleichen Spektrum liegen die Luxusmodelle, die Edeltuner Brabus seit Jahren restauriert. Im Klassikbereich des Hauptsitzes in Bottrop werden gleich eine ganze Reihe von Mercedes 280 SE 2.5 in den verschiedensten Farbkombinationen angeboten. Inklusiv Wertgutachten in der Note 1+ und einem Sonderzertifikat für den Neuwagencharakter kosten die Autos jeweils 699.900 Euro. Die Restaurierung eines einzelnen Fahrzeugs dauerte dabei rund eineinhalb Jahre - und teure 2.500 Arbeitsstunden. Und wer selbst Hand anlegen will: selbst ein Fahrzeug in mittelmäßigem Zustand kostet schnell deutlich mehr als 100.000 Euro.
Fotos: Brabus / Daimler
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- Veröffentlicht: 24. Mai 2020