Bei VW redet eine starke Arbeitnehmervertretung beim Umbau zur Elektromobilität ein gewichtiges Wort mit. Als die Konzern-Führung darüber nachdachte, die Jahresproduktion im Stammwerk Wolfsburg zu reduzieren, ging die Führungsriege um den sehr selbstbewussten Betriebsratschef Bernd Osterloh sofort aus dem Sattel und lehnte eine solche Maßnahme kategorisch ab. Es ist abzusehen, dass die Manager und die Arbeitnehmerschaft in den nächsten Jahren noch den einen oder anderen Strauß ausfechten. Denn in den nächsten zehn Jahre will der Konzern rund 70 reine E-Modelle auf den Markt zu bringen. Die müssen irgendwo gebaut werden. Dass dies Auswirkungen auf das Produktionsnetzwerk und die Anzahl der Arbeiter haben wird, ist logisch. Nach Zwickau hat der niedersächsische Autobauer auch in Emden rund eine Milliarde Euro in die Hand genommen, um die Fertigung fit für den Bau von Elektroautos zu machen. Ab 2022 soll dort der wichtige Elektro-Crossover ID.4 vom Band laufen. Allerdings noch eine Weile lang parallel mit anderen Modellen, die noch einen Verbrennungsmotor verbaut haben. Analog geht die Umrüstung im Volkswagen-Nutzfahrzeug Werk in Hannover voran, wo nach dem Multivan ebenfalls in zwei Jahre der vollelektrische Bulli ID Buzz gefertigt wird. Auch im US-Werk im amerikanischen Chattanooga lief im vergangenen Jahr der amerikanische Passt aus und die Fertigung wurde auf den Atlas-SUV umgestellt. Im nächsten Schritt wird das Werk zumindest zum Teil eine Elektrofertigung. Hier sollen die Elektro-SUV ID.4 und ID.5 vom Band laufen.
Kraftakt in Zuffenhausen
Das Konzept, das Elektroautos und die Varianten mit Verbrennungsmotor in denselben Hallen hergestellt werden, wird die deutschen Autobauer noch eine Weile begleiten. Allerdings fokussieren sich die Produktionsplaner zunehmend auf die Elektromobile. Ein anderes Beispiel für dieses Konzept sind die Böllinger Höfe in Neckarsulm, bislang eine Trutzburg der sportlichen Fertigung, in dem der Audi R8 produziert wird. Diese Ära wird spätestens 2023 enden. Mittlerweile sind die Fertigungsanlagen für den Porsche Taycan-Bruder Audi e-tron GT umgebaut. Bis 2025 will Audi 25 rein elektrische Autos im Portfolio haben. Damit auch genügend Batterien vorhanden sind, werden diese in Ingolstadt gefertigt.
Ein echter Kraftakt war das Integrieren der Porsche Taycan-Fertigung in Zuffenhausen. Knapp vier Jahre werkelten bis 130 Firmen, um die Geburtsstätte des Elektro-Erstlings fertigzustellen, während ein paar Meter weiter der Porsche 911 vom Band läuft. Auch beim Nachbarn mit dem Stern auf dem Kühlergrill wandern die Kapazitäten, seien sie menschlicher oder monetärer Natur zunehmend in die Elektromobilität. Im Werk Sindelfingen baut Mercedes den EQ, was bei den homöopathischen Stückzahlen des Elektro-SUVs nur ein Aufwärmen ist. Wichtiger ist da schon die BEV-Luxus-Limousine EQS, die dort ab 2021 gefertigt werden wird. Rund 730 Millionen Euro hat Mercedes in die Factory 56 investiert.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 22. November 2020