Wer sich auf den Fahrersitz eines Nutzfahrzeugs schwingt, muss seine haptischen Ansprüche etwas herunterschrauben. Auch wenn die Anordnung der Instrumente mehr einem PKW als einem Hardcore-Blaumann-Transporter entspricht, regiert doch das graue Hartplastik und die vielen Ablagen in den Türtaschen. Da passt auch eine 1,5 Liter Flasche rein. Wenn der Fahrer eine kleine Flasche dabei hat, die in der Tiefe des Fachs verschwindet, dass man von der hohen Sitzposition nur schwer herankommt, Pech gehabt. Trotzdem freut man sich als gewöhnlicher Pkw-Fahrer über den Acht-Zoll-Touchscreen, die Möglichkeit, sein Smartphone per Apple CarPlay oder Android Auto einzubinden und die Assistenzsysteme wie einen Toter Winkel Assistent oder einen Notbremsassistenten. Dass aber bei unserem Fahrzeug mit der Avantage-Ausstattung und einer Trennwand zwischen Führerhaus und Laderaum keine Rückfahrkamera (die es für den e-Expert gibt) enthalten ist, irritiert.
Geschmeidige Rekuperation
Das macht das Rangieren schwieriger als nötig. Beim Fahren kommt man mit dem Elektro-Transporter sehr gut klar. Der Antrieb und die Fahrmodi bieten die bekannte EMP2-Plattform-Kost. Mit Power steht die volle Leistung zur Verfügung. Das bedeutet 100 kW / 136 PS und 260 Newtonmeter Drehmoment. Dann schafft der 75 kWh e-Expert Kastenwagen in der L2-Ausführung nach 13,3 Sekunden die 100 km/h-Marke und bei 130 km/h bleibt die Tachonadel stehen. Die beiden anderen Modi "Eco" (60 kW / 82 PS und 190 Nm) sowie "Normal" (80 kW / 109 PS und 210 Nm) stellen je nach Streckenprofil eine stromsparende Alternative dar. Um den Effekt noch zu verstärken, kann man mit einem Druck auf den B-Knopf die Rekuperation beim Lupfen des Gaspedals verstärken. Da die Motorbremse nicht so hart eingestellt ist, geht das auch bei hohen Geschwindigkeiten sehr geschmeidig. Bei unserer Testfahrt herrschten Minusgrade, die Gift für ein Elektromobil beziehungsweise die Akkus sind, Peugeot gibt einen Durchschnittsverbrauch von 27.0 kWh/100 km an. Wir protokollierten 36,8 kWh/100, wobei der Transporter nicht beladen und wir nur selten in den Power-Modus geschalten haben, sondern die rund die Hälfte der Fahrt im schmalbrüstigen Eco-Fahrprogramm absolviert haben.
Wenn es um das Nachladen der Batterien geht, fügt sich der Peugeot e-Expert in die Reihe der technischen PSA- und Opel-Verwandtschaft ein. An einer 100 kW-Schnellladesäule sind die Energiespeicher nach 45 Minuten zu 80 Prozent gefüllt. Mit dem dreiphasigen 11 kW-Onboardlader sind die Akkus nach rund 6.55 Stunden wieder gefüllt. Wer sich auf das Abenteuer einlässt, ein Elektroauto mit einer 75 kWh Batterie an einer Haushaltssteckdose (einphasiges Laden mit acht Ampere) zu tanken, wartet fast 42 Stunden, bis der Akku-Füllstandzeiger ganz oben auf der Skala angekommen ist. Apropos ankommen: Der elektrifizierte PSA-Kastenwagen steht ab Januar beim Händler. Der Peugeot e-Expert L2H1 Avantage Edition kostet mit der 75 kWh Batterie 51.121,20 Euro (44.070 netto) und mit der 50 kWh-Batterie 45.321,20 Euro (39.070 Euro netto). Im Gegensatz zum Opel Vivaro-e, bei dem viele Ausstattungsoptionen einzeln dazu buchbar sind, setzen die Franzosen auf Ausstattungspakete.
Fotos: press-inform / Peugeot
- Details
- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 30. November 2020