Die Experten sehen das Konzept des Selbstzünders zur Reduktion der Emissionen noch lange nicht ausgereizt. "Der Dieselmotor wird einen Beitrag durch weitere Reibungsabsenkung im Grundmotor und beim Antrieb der Nebenaggregate leisten können", sagt Michael Krüger, Entwicklungsdirektor der Diesel-Systementwicklung bei Bosch. Weitere Potentiale sehen die Techniker durch Verbesserung des Turbos, der Einspritzung, des Thermomanagements sowie der Abgasnachbehandlung durch einen beheizten Katalysator mit wenig Strömungswiderstand, damit die Abgase möglichst ungehindert durch den Auspuff nach außen gelangen.
Kaltstart-Verhalten im Visier
Viele dieser Maßnahmen setzt Mercedes bereits bei seinem neuen OM 656 Sechszylinder Motor um, der in der modellgepflegten S-Klasse ab dem Sommer als 350d und 400d zum Einsatz kommen wird. Das Triebwerk hat 2.925 Kubikzentimeter Hubraum, hat gegenüber dem Vorgänger OM 642 eine um rund 20 Prozent reduzierte innere Reibung der Laufbahnen. Auch die Abgasnachbehandlung und eine durchdachte Kühlung und Steuerung der Mehrwege-Abgasrückführung, die einen erweiterten Betriebsbereich hat, tragen zur Emissionsreduzierung bei. So wird eine variable Auslassventilsteuerung verwendet, die die heißen Abgase während der Warmlaufphase in den Brennraum zurückleitet. Von diesem Prinzip profitiert auch der Katalysator, der dank der heißen Abgase seine optimale Betriebstemperatur. Auch das Einspritzen der AdBlue-Harnstofflösung haben die Techniker optimiert und so die Emission von Stickoxiden verringert. Unterm Strich führt das zu einer Leistung von 250 kW / 340 PS und einem maximalen Drehmoment von 700 Newtonmetern, das bereits bei 1.200 U/min bereitsteht.
Gerade das Kaltstart-Verhalten beiziehungsweise die Reduktion der Stickoxide-Emissionen bei niedrigen Temperaturen ist im Visier der Diesel-Tüftler, um auch bei RDE-Fahrzyklen mit anspruchsvollen Vorgaben, die Normen zu erfüllen. Neue Ansätze zielen darauf ab, den SCR-Kat schneller auf Betriebstemperatur zu bringen, als das bisher der Fall ist. Die traditionelle Anordnung, bei der das SCR-Element hinter dem Dieselpartikelfilter (DPF) platziert ist, hat unter anderem den Vorteil, dass der DPF leichter zu handhaben ist und sich zum Beispiel selbst regeneriert. Schiebt man den SCR-Kat jetzt weiter nach vorne, muss der DPF eventuell öfter aktiv gereinigt werden und somit könnte auch der Benzinverbrauch ansteigen, wie eine Untersuchung des "Southwest Research Institute" in San Antonio zeigt. Ein möglicher Weg, diesen Zielkonflikt zu lösen, beinhaltet einen passiven NOx-Absorber (der auch bei niedrigen Temperaturen funktioniert und auch als Dieseloxidationskatalysator fungiert), ein externes Temperaturmanagement, das zum Beispiel durch einen Mini-Burner ausgeübt wird (um die Komponenten schneller zu erhitzen) einen SCR-Kat, der aus mehreren Elementen besteht und einen doppelschichtigen Ammoniak-Schlupfkatalysator (ASC), um eventuell überschüssiges Ammoniak wieder in Stickstoff und Wasser umzuwandeln.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 01. Mai 2017