Der Antrieb stammt aus der noch jungen Neuauflage des Phantom. Auch im Vorderwagen des 5,34 Meter langen Rolls-Royce Cullinan leistet der aufgeladene Zwölfzylinder 420 kW / 571 PS und ein maximales Drehmoment von 850 Nm, das der Pilot ab 1.600 U/min bereitwillig abrufen kann. Trotz gewaltiger Dimensionen und dem vermeintlich lähmenden Übergewicht spurtet der Allradler aus dem Stand in 5,2 Sekunden auf Tempo 100. Bei 250 km/h wird dieser elektronisch abgeriegelt und nur der Vollständigkeit halber sei mitgeteilt, dass der Normverbrauch bei allemal stattlichen 15,0 Litern Super liegt. Eine Hybridversion ist aktuell nicht geplant und mit weniger als zwölf Zylindern mag sich der geneigte Rolls-Royce-Kunde ebenfalls nicht anfreunden. Mittelfristig will die Marke jedoch ihr gesamtes Portfolio elektrifizieren.
Fliegender Teppich - on- wie offroad
Dabei fährt der Cullinan genau so, wie man sich einen Rolls-Royce im unwegsamen Terrain vorstellt. Gleichermaßen geht es geradezu entkoppelt über Autobahnen, Landstraße oder kurz einmal die überfüllte City; bestens geschützt durch sichthemmende Gardinen, dunkle Scheiben und ein Doppelglas, das mit einer Stärke von sechs Millimetern die meisten Störgeräusch wirksam herausfiltert. Durch seine sänftenartige Luftfederung nebst Vierradlenkung fährt sich der Koloss wie von Geisterhand geführt. Unebenheiten in der Fahrbahn sind nicht zu spüren und wenn man sich einmal an die allzu leichtgängige Servounterstützung gewöhnt hat, führt man den Giganten aus Goodwood gefühlt mit dem kleinen Finger durch alle Lebenslagen. Diese unermessliche Souveränität hat jedoch auch ihre Grenzen. Denn das gewaltige Leergewicht von knapp 2,7 Tonnen lässt sich trotz Allradantrieb und eines Zauberfahrwerks nicht vollends überspielen. Dort, wo andere Autohersteller um jedes Gramm kämpfen, haben die Rolls-Royce-Entwickler allein 100 Kilogramm zusätzlich verbaut, um den Cullinan so leise und gedämpft wie kein anderes Fahrzeug zu machen. Die sportliche Gangart ist dagegen nicht die Stärke des britischen Allradlers, denn in schnell gefahrenen Kurven neigt sich der Luxus-Hochsitz allzu sehr zur Seite und auch die Nickbewegungen sind aufgrund der Komfortfederung deutlicher spürbar als bei anderen Fahrzeugen seiner Klasse. Ein schnell arbeitendes 48-Volt-Bordnetz, das hier in Sekundenbruchteilen in die elektronischen Dämpfer eingreifen könnte, fehlt dem Offroad-Rolls-Royce.
"Die Antriebseinheit, die wir für den Cullinan entwickelt haben, hatte die zentrale Aufgabe, den Magic Carpet Ride eines Rolls-Royce auf allen Untergründen erfahrbar zu machen", erklärt Caroline Krismer, verantwortliche Entwicklerin des Cullinan, "und dabei der klassenbeste SUV auf der Straße zu sein." Manuell kann der Fahrer hierzu zwischen sechs verschiedenen Fahrprogrammen wählen - oder die Arbeit einfach der vernetzten Technik überlassen. Ein Druck auf den Offroad-Knopf auf der breiten Mittelkonsole und der Cullinan erledigt alles automatisch - von der Gaspedallinie bis zur Erhöhung der Bodenfreiheit über eine Anpassung der Regelsysteme. Zurück auf festem Terrain wird der Knopf nochmals gedrückt und es geht sänftengleich auf der Straße weiter. Mit den technischen Hintergründen muss und will sich der Fahrer eines Cullinan ohnehin nicht beschäftigen. Allein vom kraftvollen 6,8-Liter-Motor dürfte sich der ein oder andere Marken-Neukunde etwas mehr Stakkato erträumen, denn so sehr man den Dutzendzylinder auch scheucht - akustisch ist kaum etwas zu vernehmen, was sich mit der kurzfristigen Anstrengung erklären könnte.
- Details
- Veröffentlicht: 07. Oktober 2018