"Wir handeln hier nur mit Trucks, seit 20 Jahren", sagt Autoverkäufer John Millner, der einst aus Motown Detroit seinen Weg in die Wüste Nevadas nach Henderson fand, "sind beliebte Dinger. Farbe, Ausstattung und selbst der Motor sind unseren Kunden meist egal - es geht um den Preis." Beim Thema Downsizing sind viele Kunden in den USA gerade bei den Pick Ups weiterhin kritisch und so stehen stärkere Achtzylindermodelle in der Käufergunst oftmals ganz vorn. Keine große Überraschung bei günstigen Benzinpreisen von 1,80 bis 2,60 Dollar pro Gallone (3,8 Liter) Kraftstoff und den rustikalen Einsatzmöglichkeiten der Trucks. Diese sind Familien-, Freizeit- und Lastfahrzeug in rollender Personalunion. Auf den Ladeflächen werden wochentags Holz oder Baumarkt-Großeinkäufe und ab Freitagnachmittag Mega-Grills und Surfboards transportiert. Am Haken der Anhängerkupplung zappeln derweil mächtige Boote, Wohnanhänger oder Quads zum puren Wochenendvergnügen.
"Wir verkaufen hier auch die kleinen Pick Ups; besonders den Tacoma. Doch meistens für Gewerbetreibende", erzählt John Millner, während hinter ihm rund drei Dutzend Ford F-150, Chevrolet Silverado und Dodge Ram Interessenten suchen. Bunte US-Fähnchen wehen hier wohl nicht allein zum Unabhängigheitstag im Wind. "Bei uns laufen Silverados mit Doppelkabine am besten, weil viele hier ein Boot ziehen, wenn es zum Lake Mead geht. Aber auch der F-150 ist begehrt. Die meisten wollen V8, aber insbesondere einen Top-Preis. Und da sind wir hier im Großraum Las Vegas eben oft günstiger als die Markenhändler." Der Segmentführer Ford F-150 hat mit Chevrolet Silverado, Dodge RAM und Toyota Tundra harte und technisch weitgehend ähnliche Konkurrenten. Besonders der Silverado macht dem Platzhirschen Ford F-150 aktuell das Leben schwer. Wie schon der F-150 verabschiedet sich das neueste GM-Fuhrmobil vom reinen Nutzfahrzeug, verzichtet aber weitgehend auf Alumimium als Baumaterial und bleibt so unbeladen mächtige 2,4 Tonnen schwer. Im Innenraum von Crew- oder Doublecab gibt es mit klimatisierten Sitzen, WLan-Hotspot oder Concierge-Diensten längst Ausstattungsstandards wie in einer europäischen Oberklasselimousine.
Während auf der einen Seite erste Dieselmotoren Einzug in F-150, Silverado und Ram halten, gibt es längst auch echte Sportversionen. Der Platzhirsch Ford F-150 ist sogar als Hochleistungsvariante Raptor mit 450 PS zu bekommen. Mit den Full Size Trucks ist jedoch noch lange nicht Schluss, denn über den bis zu 5,80 Meter langen US-Lieblingen rangieren noch die Heavy Duty Klassen mit Modellen wie Ford F-250, F-350 oder Chevy Silverado HD. Allradantrieb, Automatikgetriebe oder Anhängerfahrprogramme haben sowieso fast alle Modelle an Bord und auf Wunsch gibt es für den härtesten Alltagseinsatz Zwillingreifen, Doppelachsen oder Auflieger. Neben den vielfältigen Einsatz- und Individualisierungsmöglichkeiten sorgen jedoch auch die günstigen Preise von deutlich unter 30.000 Dollar für eine entsprechend große Nachfrage. Luxus-Pick-Ups auf dem verwöhnten US-Markt wie ein Honda Ridgeline oder das GM-Doppel aus Chevrolet Avalanche und Cadillac Escalade EXT mit offener Ladefläche waren nur möglich, weil andere Volumenmodelle die Plattform lieferten. Die neuen Lifestyle-Pick-Ups zeigen, wie komfortabel man in einem Geländewagen mit offener Ladefläche unterwegs sein kann. Zunehmend nähert sich das Komfortniveau von den jeweils rund 5,30 Meter langen Modellen wie Mitsubishi L200, Nissan Navara oder Fiat Fullback den überdimensionalen Vorbildern aus den USA. Und nicht nur in München und Ingolstadt wird man sich die Mercedes X-Klasse ganz genau anschauen.
Fotos: GM
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- Veröffentlicht: 14. November 2018