Mit 85 kW / 116 PS ist der eSprinter kein Kraftprotz, bringt aber die Leistung des Einstiegs-Dieselmotors auf die Räder. Leer wiegt der Laster 2.609 Kilogramm (mit der kleinen Batterie 2.455 kg), also schaut es mit Raketenstarts an Ampeln ziemlich schlecht aus (will man mit einem Kleinlaster ohnehin nicht machen), aber man schwimmt gut mit dem Verkehr mit - untermalt von dem hochfrequenten Sirren der Elektromaschine. Dazu passen auch die Fahrmodi: Bei "E+" geht es nur um die Reichweite, die Leistung wird auf 70 kW / 95 PS gedrosselt und auch die Klimaanlage wird auf Effizienz getrimmt. Im Stadtverkehr ist der mit gebremstem Schaum agierende Elektro-Sprinter auch mit diesem Fahrprogramm keine rollende Schikane. Bei "E" steht prinzipiell die ganze Kraft zur Verfügung, allerdings ist die Gaspedalkennlinie zurückhaltender ausgelegt. Bei "C", wie "Comfort" agiert der eSprinter am leichtfüßigsten und lässt alle elektrischen Verbraucher von der Leine. Allerdings schnellt der Mercedes auch in diesem Modus nicht ruckzuck auf die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h, doch bis 80 km/h schlägt sich der eSprinter trotz der vergleichsweise mageren Motorleistung wacker. Wer will, kann die Spitzengeschwindigkeit noch auf 80 beziehungsweise 100 km/h reduzieren.
Beratendes Ökosystem
Die Rekuperation hilft beim Verlängern der Reichweite. Dabei orientiert sich Mercedes an dem Energierückgewinnungskonzept des EQC, also werden die verschiedenen Stufen mit den Schaltwippen am Lenkrad eingestellt: Bei D- nutzt das System die "Motorenbremse", um möglichst viel Energie in die Akkus zurückzupumpen, sobald man vom Gas geht und bei D++ segelt der eSprinter. Wenn man in der Stadt vorausschauend fährt, kommt man mit "D- sehr gut und effizient zurecht. Fließt der Verkehr, kann man die Masse des Fahrzeugs nutzen, um zu segeln. Die Rekuperation geschieht über das Bremspedal. Auf dem Powermeter, das sich anstelle des Drehzahlmessers im Cockpit befindet, kann man das ganz gut beobachten. Mit ein bisschen Übung kommt man auch mit dieser Fahr-Einstellung sehr gut zurecht.
Eine Kernfrage ist aber für jeden Gewerbetreibenden, ob sich ein elektrifiziertes Nutzfahrzeug auch rechnet. Um das zu gewährleisten beziehungsweise eine Entscheidungshilfe zu leisten, hat Mercedes einen Öko-Kosmos um den eSprinter errichtet. Zunächst einmal analysiert eine App, anhand des Fahrprofils, ob es überhaupt Sinn ergibt, Elektro-Nutzfahrzeuge einzusetzen. Ist das mit "ja" beantwortet, geht es um die Wirtschaftlichkeit. Hier haben die Schwaben zusammen mit den Experten von "The Mobility House" eine weitere App entwickelt, die dem Nutzer eine erste individuelle Auskunft gibt, wie wirtschaftlich die Stromer im Vergleich zu der Flotte mit Verbrennungsmotoren sind, und ob der Standort überhaupt für dieses Unterfangen geeignet ist. Mit-Entscheidend dafür ist die Netzanschlussleistung, denn wenn diese überschritten wird, werden Extrakosten fällig. Damit dies vermieden wird, hat Mercedes ein intelligentes Lademanagement ersonnen, bei dem das Auto mit der Wallbox kommuniziert und auch die Reihenfolge der anstehenden Einsätze des jeweiligen Fahrzeugs mit einbezogen wird.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 18. Dezember 2019