"Deutsche Sachen sind einfach gut. Ob Staubsauger, Schuhe oder Autos - die Qualität und die Sicherheit dieser Dinge sind seit jeher unschlagbar." Vor allem letzterem Punkt hat er es zu verdanken, dass er nur noch selten selbst hinter dem Steuer seines 200er-Diesel-Benz sitzt. Seine 28 Jahre alte Tochter Yasemin legt täglich längere Strecken zwischen Universität, Wohnung und Reitstall zurück, so dass Kadem Yanik ihr, ohne lang zu überlegen, seinen Mercedes zur Verfügung stellte. "Wie ich schon sagte, ich kann auch mit Schrott fahren. Hauptsache meine Kinder fahren sicher", lacht Kadem. Yasemin freut sich natürlich über so viel väterliche Führsorge: "Ich hatte vorher einen Toyota Corolla - der ging gar nicht. Jetzt, und das ist das Beste, kann ich sogar meinen Pferdeanhänger damit ziehen!"
Lieber hinten parken
Dass der Stuttgarter Wagen aus dem Jahr 2003 bereits 353.000 Kilometer runtergespult hat, bereitet weder ihr noch ihrem Vater Sorgen. "Der schafft locker die 700.000er-Grenze. Ein Kollege von mir hatte ein 560er Coupé mit über einer Million Kilometern auf der Uhr. Mit Audi oder BMW bin ich komischer Weise nie so richtig warm geworden. Aber bei uns Türken gilt ja zum Glück: Die, die Geld haben, fahren Mercedes", grinst Kadem Yanik und fängt sich einen vielsagenden Blick von einem seiner Angestellten Özkan Yanik ein. Der 47-jährige Mitarbeiter fährt nämlich keinen Mercedes, sondern einen BMW 320d. "Ich finde die Ausstattung schön, das sportliche Design phantastisch und den Verbrauch sensationell. Mein nächstes Auto wird wieder ein BMW", verspricht Özkan extra so laut, dass es sein Chef, mit dem er trotz desselben Nachnamens nicht verwandt ist, einfach hören muss.
Auf einer türkischen Hochzeit würden jedoch beide, Kadem und Özkan, lieber ganz weit hinten parken, "damit niemand sieht, dass wir nur so kleine Autos fahren", erklären beide. "Was da so alles steht ist schon der Wahnsinn. Reiche Türken fahren auch schon mal Porsche. Und: Wir Türken zeigen gern, was wir haben - wenn wir es haben." Diese These lässt sich zum Beispiel schnell durch gepostete Instagram-Bilder prominenter Fußballer wie dem türkischen Nationalmannschafts-Spieler Nuri Sahin in seinem Mercedes ML 63 AMG belegen. Wie es dazu kommt, dass auch sehr junge Türken ohne viel Geld mit großen, teuren und PS-starken deutschen Fahrzeugen zu sehen sind, dazu hat Kadem Yanik seine ganz eigene Theorie: "Junge Türken haben keine Angst mehr vor Krediten. Doch der Hauptgrund liegt oft einfach darin, dass es Papas-Auto ist. Wir Türken arbeiten nämlich sehr oft ausschließlich für unsere Kinder."
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- Geschrieben von marcel-sommer
- Veröffentlicht: 11. November 2016