Als Ende der 60 Jahre der Strichachter auf den Markt kommt, beginnen die Ingenieure aus dem Hause Mercedes-Benz bereits mit der Planung eines sogenannten kleinen Mercedes. Die Erhöhung der aktiven und passiven Sicherheit soll dabei im Vordergrund stehen. Die Erneuerung der Motorenpalette darf zugleich auch nicht zu kurz kommen. Letzterer Planung macht die einsetzende Ölkrise einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, so dass gerade einmal ein mehr oder weniger neu entwickelter Motor präsentiert werden kann. Alle weiteren Benzin- und Dieselaggregate müssen vom Vorgänger übernommen werden. Zumindest am äußeren Erscheinungsbild darf ein wenig mehr Hand angelegt werden. Die S-Klassen-Baureihe 116 steht dafür Model. Da der 114/115 noch gut läuft, entscheidet sich Mercedes-Benz den 123er parallel einzuführen. Mit 16.705 DM und 50 Pfennigen steht der alte 200/8 dem neuen 200er mit 18.381 DM und 60 Pfennigen gegenüber. Zum Vergleich: Der teuerste Mercedes-Benz im Angebot zu diesem Zeitraum ist der große Mercedes, die 600 Pullmann-Limousine der 100er Baureihe für 162.393 DM.
Über eine Million exportiert
Vor allem in puncto Sicherheit und Bedienung haben die Entwicklungsteams des W123 ganze Arbeit geleistet. Genauer gesagt gehört zur Serienausstattung der ersten Modellreihe eine Sicherheitssäule mit verformbarem Wellrohr, versenkbare Gurtführungen mit an den Sitzen angebrachten Gurtschlössern, ein Kraftstofftank und eine Batterie außerhalb des Verformungsbereiches der Karosserie-Knautschzonen sowie eine selbständig abschaltende Heckscheibenheizung und Türgriffe mit Massenausgleich, die bei starker Querbeschleunigung das selbsttätige Öffnen verhindern. Besonders erwähnenswert, da es bei aktuellen Modellen und somit von jeder Altersgruppe nachzuvollziehen ist, ist das Warndreieck an der Innenseite des Heckdeckels. Und auch im Komfortbereich ist der W123 in einigen Dingen Vorreiter, wie bei der getrennt für Fahrer und Beifahrer regelbaren Temperatureinstellung oder doppelt abgedichteten Türunterkanten gegen eine Verschmutzung des Türeinstiegbereichs.
Dass die Wartezeit dieses mit Innovationen vollgeladenen Sterns im Nu auf über zwei Jahre einsteigt, ist daher nur verständlich - und für den einen oder anderen Werksangerhörigen ein echter Glücksfall. Jahreswagen mit rund 10.000 Kilometern auf der Uhr werden ihnen aus den Händen gerissen und nicht selten per Auktion weit über dem Listenpreis weiterveräußert. Die Ingenieure der W123-Baureihe sind aber lang nicht satt und verbessern ihren kleinen Mercedes laufend weiter. So folgt eine pneumatische Leuchtweitenregulierung, eine geänderte Bremsanlage, ab September 1982 erhalten alle Modelle zudem serienmäßig eine Servolenkung und Rechteckscheinwerfer. Eine, wenn nicht die bedeutendste technische Verbesserung betrifft die Motorenpalette im Jahr 1980. Mit den zwei neuen Vierzylinder-Benzinmotoren können die aus den 50er Jahren stammenden Vergasermotoren des Typs M115 endlich abgelöst werden. Gleichzeitig kann sich der 230E nun auch gegen den Konkurrenten aus München, den Sechszylinder-BMW 525, durchsetzen. Das erfolgreichste W123-Modell ist jedoch der 454.780 Mal verkaufte 240 D, der neben dem 220 D vor allem im Transportwesen in Form eines Taxis zum Einsatz kommt. Mit einem Einstiegspreis von 18.870 DM für den kleinsten Diesels, den 200 D, liegt Mercedes-Benz auf dem Preisniveau eines Volvo 244, Ford Granada 2.0 oder BMW 520.
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- Geschrieben von marcel-sommer
- Veröffentlicht: 12. Februar 2016