"Als ich 1975 einen Anruf von Ferrari bekam, war ich wie vom Donner gerührt. Ich sollte doch tatsächlich Schuhe für die Scuderia machen", erzählt Ciccio mit ehrfürchtig bebender Stimme. Einer seiner Schätze ist ein schlichter schwarzer Leder-Rennschuh: "Niki Lauda hat 1977 mit diesem Modell die Weltmeisterschaft gewonnen", erzählt der temperamentvolle Sizilianer stolz. Anders als James Hunt, der die Eigenart hatte, die Spitzen seiner Schuhe abzuschneiden schwur der österreichische Perfektionist, auf die sizilianische Maßanfertigung und das Gefühl, die sie seinen Sohlen zum Bremsen und Gasgeben verlieh. Doch Herzlichkeit ist die Sache des kühlen Österreichers nicht. "Ich habe Niki Lauda damals nicht persönlich getroffen", bedauert der Schuhmacher. Er ließ sich eine Zeichnung von dem Fuß des Ferrari-Piloten schicken und fertigte das Schuhwerk nach diesem Muster.
Der Zufall hilft
Noch heute findet sich der Leisten, den Ciccio 1975 für Niki Lauda maßgefertigt hat, im Laden. Der hat sich auch mit einer Widmung inklusive Unterschrift verewigt: "To Ciccio di Cefalu" steht da in krakeliger Handschrift. . Die Wände seines kleinen Laden sind gefüllt mit Photos, die die Formel-1-Stars mit seinen Schuhen zeigen. Clay Regazzoni, Jacky Ickx und auch Niki Lauda. Nachdem die FIA die Echt-Leder-Schuhe wegen der Feuerschutz-Bestimmungen verboten hatte, stieg Ciccio auf Leder-Gürtel und andere Schuhe um. Seine berühmten Rennschuhe macht er nur noch für spezielle Kunden. Oder für ein Hollywood-Spektakel. In dem Rennfahrer-Epos "Rush" trägt Daniel Brühl, der Niki Lauda spielt, echte Ciccios. Aber nicht nur die Heroen der wilden 70er erweisen dem Meister des ultra-bequemen Fußkleides ihre Verehrung. Auch Sebastian Vettel weiß Ciccios Kunst zu schätzen: "Für Herrn Cicco. Danke für die Schuhe!", bedankt sich der viermalige Formel-1-Weltmeister artig. Wer kann schon von sich behaupten, eine Vettel-Signatur inklusive Schreibfehler zu haben.
Francesco Liberto wurde durch seine Mama zum Beruf des Schusters gebracht. Er solle etwas Anständiges lernen, um zu überleben, beschied sie ihm. Damals kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war das Leben auf Sizilien hart. Ciccio half bei einem Schuster aus und fand Gefallen an dem Handwerk. Doch er hatte noch eine andere Leidenschaft - Autorennen. Jedes Jahr trafen sich die besten Fahrer der Welt, um mit ihren heißen Öfen auf den kurvenreichen Straßen der Insel bei dem legendären Langstrecken-Rennen "Targa Florio" der Haftungsgrenze ein Schnippchen zu schlagen. Bei seinen Streifzügen, um die Boliden zu bewundern, traf er Mitte der 1960er Jahre die bekannten italienischen Rennfahrer Nanni Galli und Ignazio Giunti. Als er von seinem Beruf erzählte, wollte Giunti ein Paar Rennschuhe. "Ich hatte keine Ahnung, wie ich die machen sollte", lacht Ciccio heute. Er machte sich an die Arbeit und brachte dem Piloten wenige Tage später die Schuhe. Giunti war hellauf begeistert und so fing der Siegeszug der Latschen mit den dünnen Sohlen an. "Früher haben die Piloten Schuhe mit Absätzen getragen. Ich habe die Rennschuhe erfunden", strahlt der Sizilianer.
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 18. Mai 2016