Der Mercedes 600 Pullman der Baureihe W 100 gilt für viele bis heute weltweit als die Staatslimousine schlechthin. Das klassische Design ist Versuchung und Zurückhaltung zugleich. So fügte sich der Pullman besser als jedes andere Auto in das zurückhaltende deutsche Nachkriegsgefüge aus dezenten Regierungsbauten, Bonn als Bundeshauptstadt und einem Regierungssitz wie der nüchtern stilisierten Villa Hammerschmidt am Ufer des Rheins ein. Trotzdem ging es im Innern des 600er Pullman nach damaligen wie heutigen Maßstäben luxuriös zu. Der 3,90 Meter lange Radstand sorgte dafür, dass honorige Staatsgäste die Beine bei den zumeist recht kurzen Verbindungsfahrten entspannt ausstrecken konnten. Orangefarbene Innenleuchten sorgten dafür, dass die Insassen in einem guten Licht zu bestaunen waren. Für angenehme Privatsphäre im Fond sorgten unter anderem die ausfahrbare Trennwand, Vorhänge im Fond und die pneumatisch verschiebbare Rückbank. Alles gesteuert von der hochkomplizierten Komforthydraulik, die den 600er bis zu seiner Produktionseinstellung im Jahre 1981 so einmalige machte. "Über die Komforthydraulik wurde beim 600er fast alles gesteuert", blickt Peter Schellhammer, weltweit für die Technik der Luxuslimousinen zuständig, zurück, "unter anderem die Fensterheber, das Schiebedach, die Sitze oder sogar die Klappensteuerung der Klimaanlage." Zu seiner Zeit galt der Mercedes-Benz 600 als wohl bestes Auto der Welt - egal ob lang, kurz oder als offener Laudaulet. Es wurde sogar zwei Prototypen als 600 Coupé gefertigt.
Spezialreifen und die schwere Panzerung der beiden Staatslimousinen sorgten dafür, dass die an sich grandiosen Limousinen-Fahrleistungen der frühen 60er Jahre (510 Nm Drehmoment, 207 km/h, 0 auf 100 km/h in 10 Sekunden) bei der Panzerversion völlig verpufften. Die neue Staatslimousine vom Typ Mercedes-Maybach S600 Pullman wird von einem sechs Liter großen Achtzylinder mit 630 PS und 830 Nm befeuert. Der Vorgänger aus den 60er Jahre war 4,5 Tonnen schwer und 250 PS stark war für Wöstendieck und seine Kollegen nicht mehr als Tempo 100 drin. "Aber die längeren Strecken wurden sowieso meist geflogen. Wir fuhren meist nur einige Kilometer - um dann wieder lange zu warten", erzählt der grauhaarige Limousinenchauffeur. Brenzlig sei es bei seinen Fahrten nie geworden, so Wöstendieck: "Doch als Breschnew da war, gab es in der Nähe von Gymnich eine Reifenpanne. Breschnew wurde in das zweite Fahrzeug gebracht, die Standarten umgebaut und nach 67 Sekunden konnten wir weiter fahren." Als zwei Tage später Prinz Philipp chauffiert wurde, schaute der nur auf die Reifen und fragte Wöstendieck spitzbübisch: "Sind die Reifen auch in Ordnung?"
Fotos: press-inform / Daimler
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- Veröffentlicht: 18. Februar 2015