Reichweite oder Luftschloss?
Die Elektromobilität giert nach Reichweite. Neue Batterietypen versprechen Abhilfe. Wir klopfen zusammen mit dem Batterieexperten Professor Maximilian Fichtner vier der wichtigsten Technologien ab und klären, wie wahrscheinlich die Serienreife ist.
Kaum eine Woche vergeht, in der nicht neue Wunder Akkus vorgestellt werden, die mehr als 1.000 Kilometer Reichweite versprechen und dazu blitzschnell aufgeladen werden können. Meistens soll es nur zehn Minuten dauern, bis die Energiezellen bis zu 80 Prozent gefüllt sein. Diese Werte orientieren sich auffällig an denen eines Diesel-Pkws. Oft wird bei den neuen und revolutionären Batterien eine sehr schnelle Umsetzung versprochen, ehe man dann oft nach einer Weile nichts mehr hört. Erinnert sich noch jemand an NanoFlowCell? Noch ist der entscheidende Durchbruch nicht gelungen. Das zeigt nur, dass die Preußen auch bei der Elektrochemie noch nicht so schnell schießen. Der Weg von einer Idee, über eine Kleinserie bis hin zur Serienreife in Automobilen ist ein langwieriger. Die Anforderungen an die Akkus sind in einem Pkw deutlich höher, als bei Batterien der Unterhaltungselektronik. Da geht es um Lebensdauer, Sicherheit, Leistungsfähigkeit und natürlich auch Kosten. Wenn ein Bauteil mehrere Hunderttausende Male produziert wird, potenzieren sich Centbeträge. Die heißesten Eisen im Reichweiten-Feuer ist der Zwei-Millionen Meilen Akku des Tesla Forschers Jeff Dahn, die SALD-Batterien, die Natrium-Ionen-Akkus und natürlich die Feststoffbatterien. "Aus meiner Sicht sind das keine "Wunder-Akkus", sondern technische Entwicklungen, die hier und da einen technischen Fortschritt versprechen", stellt Maximilian Fichtner, Professor für Feststoffchemie klar.
Evolution keine Revolution
Wenn man diese Maßstäbe anlegt, dünnt sich das Feld der vielversprechenden Wunderakkus schnell aus. Unlängst hat der Tesla-Batterieforscher Jeff Dahn bei einer Online-Konferenz des Batteriesoftware-Analyse-Unternehmens Twaice einen Zwischenbericht seiner Arbeit gegeben. Ziel sei es weiterhin, eine Batterie zu entwerfen, die 1,6 Millionen Kilometer durchhält, ohne nennenswert an Leistungsfähigkeit zu verlieren. Der US-Forscher hatte bereits im Oktober 2020 eine neue Zelle vorgestellt, die rund 10.000 Ladezyklen verkraftet. Das entspräche bei einem E-Auto mit einer Reichweite von 350 Kilometer einer Fahrleistung von mehr als drei Millionen Kilometern. Aktuelle Elektroautos schaffen 1.500 bis 2.500 Ladezyklen und hat dann noch rund 70 bis 80 Prozent der ursprünglichen Kapazität. Ein weiterer Vorteil dieser Marathon-Akkus ist, dass sie problemlos als Energiespeicher verwendet werden können und bei intelligenter Vernetzung Lade- und Energieprobleme lösen kann. Maximilian Fichtner bringt Licht ins amerikanische Dunkel. "Jeff Dahns bisherige Entwicklungen gingen in die Richtung, die Pulverpartikel des Speichermaterials als perfekte Kristallpartikel herzustellen, welche weniger durch den Elektrolyten angegriffen werden können. Dadurch halten sie bedeutend länger. Zusätzlich ist er dabei, durch gezielte kleine Veränderungen in der Materialzusammensetzung diese weiter zu stabilisieren. Das halte ich für durchaus machbar und die bisherigen Materialien von Tesla zeigen ja auch, dass das prinzipiell geht."
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- Geschrieben von wolfgang-gomoll
- Veröffentlicht: 21. Februar 2022